Wie fröhnt man seinem Hobby, wenn bereits der Einsatz von Würfeln von einer argusäugigen Wachmannschaft verboten wird? Diese keineswegs akademische Fragestellung zu Sitten und Gebräuchen in amerikanischen Gefängnissen führen wir als Gedankenspiel fort und fragen uns, was die absolute Mindestausstattung ist, um ordenliches Rollenspiel betreiben zu können. Stimmt es wirklich, dass man eigentlich überhaupt nichts braucht?
Cast: Martin, Tanja, Carsten, Holger Länge: 55:45
Inhalt:
02:39 „Vice“ berichtet: Rollenspiel in amerikanischen Gefängnissen
05:52 „Denk dir mal eine Zahl aus!“ – Rollenspiel ohne Würfel?
12:42 Rein gedanklich Orks umnieten? Die Schachnovellen-Zwickmühle im neuen Gewand.
14:14 rollenspielerische Zwangslagen jenseits schwedischer Gardinen
23:11 Gibt es einen rollenspielerischen Mindeskomplexitätslevel? Ab wann wird es albern?
33:50 Sichtschirm / Minis / Battlemat / usw. (Hack: bergeweise Gummibärchen!)
50:06 Hatte St. Gygax wirklich Recht damit, dass man eigentlich gar nichts braucht?
Was wir gerne wüssten: Wie sind deine Erfahrungen, was Rollenspielminimalismus angeht? Was brauchst du unbedingt, worauf könntest / würdest du gerne verzichten?
Links:
Vice-Artikel: „How inmates play ttrpg in prison where dice are contraband“
Stefan Zweig: „Die Schachnovelle“ (super duper lesenswert!)
Saint-Exupery: „Ein PnP-Rollenspiel ist erst dann komplett, wenn man nichts mehr wegnehmen kann“
Ubiquity-System
Lasers & Feelings
Eskapodcast Folge 47: Improspiel
Eskapodcast Folge 166: Die wunderbare Welt der Würfel
Ich versuche ja, die gesamte Bandbreite des Rollenspiels mitzunehmen. Insofern habe ich als stolzer Besitzer von über 600 Rollenspielprodukten auch eine Begeisterung für Minimalismus.
Manchmal ist es schon toll, wenn man mit wenig Aufwand zum Ziel kommt. Beispielsweise bevorzuge ich für lange Kampagnen das richtige Buffy-Rollenspiel. Aber für One Shots habe ich eine Lasers&Feelings-Variante namens Mystik & Mundanes entwickelt. Funktioniert gut.
Was man alles weglassen kann, das lote ich auch für mein Lieblingsrollenspiel Fate aus. Ich habe bspw. einen Fate Boy, mit dem das gesamte Regelwerk in die Westentasche passt: https://faterpg.de/2017/03/der-fate-boy-rollenspiel-fuer-die-westentasche/
Ich sehe als größtes Problem wirklich den Würfel an. Tanjas Methode mit dem Rufen finde ich super, die kannte ich noch gar nicht, die merke ich mir.
Ansonsten kann man Würfel auch ganz brauchbar mit einer Stoppuhr ersetzen. Die Zentisekunden ergeben einen soliden W100, mit dem man andere Würfel simulieren kann.
Deinen Fate Boy find ich super! Und wahrscheinlich auch nicht schwerer ins Gefängnis zu schmuggeln als ein Päcken Crystal Meth.
😀
Ich liebe die Idee von einem Knasti, der sich einen Fate Boy in die Zelle schmuggeln lässt.
Minimalistisch im Sinne der Fragestellung gespielt habe ich – so weit ich mich erinnern kann – eher punktuell und quasi versehentlich.
Sprich: Es gab etwa Sitzungen, da wurde nicht gewürfelt, also hätten wir da keine Würfel gebraucht.
Und es gab auch Sitzungen, da hat niemand in ein Regelbuch geschaut.
Das waren aber recht seltene Ausnahmen, von daher kann ich nicht sagen, dass ich problemlos auf Dauer so spielen könnte oder wollte.
Was könnte ich mir also permanent vorstellen?
Vorbereitete Abenteuer nutze ich sowieso sehr selten, die sind also schon problemlos verzichtbar.
Andere Zufallsgeneratoren wie z.B. Spielkartenziehen gingen natürlich, aber das Benutzererlebnis von Würfeln ist schon schwer zu toppen. Die will ich behalten.
Auf detaillierte Karten und Miniaturen verzichte ich sowieso schon. Da könnte ich höchstens noch die Skizzen durch eine Darstellung mit improvisiertem und wiederverwendbaren Materialien ersetzen, aber das wars dann auch schon – keine große Vereinfachung, wenn überhaupt.
Charakterblätter in ihrer elaborierten Form sind natürlich verzichtbar, aber eine echte Reduzierung bringt es letztlich nicht, wenn man sie z.B. codiert, um weniger Platz zu brauchen oder sie versteckbar bzw. unauffällig zu machen (indem man etwa so was wie die Wertecodierung von Traveller in Knoten überträgt und einen Charakter dann auf einem Stück Schnur verwalten kann).
Ohne ein paar hinreichend verschiedene und steigerbare Werte will ich dann doch nicht spielen.
Auf einen Bierdeckel oder eine Spielkarte bekäme man das aber im Zweifelsfall unter.
Bliebe noch das Regelwerk. Das eine oder andere eher leichte meiner Systeme kann ich von sog. Cheat Sheets oder allein mit dem SL-Schirm leiten, da ist das Buch also mindestens in der Spielsitzung verzichtbar.
Und einige schlanke Systeme wie z.B. AFF/Stellar Adventures oder die 1. Edition WEG Star Wars kann man auch komplett auswendig drauf haben und ohne SL-Schirm oder sonstige Referenzen regeltreu aus dem Kopf leiten.
Wenn ich mir also ein geeignetes System 100% handlungssicher aneignen würde, bräuchte ich als SL nur ein paar Blätter für Notizen und Skizzen, meine Spieler bräuchten jeweils ein Charakterblatt in DIN A5 oder kleiner und gemeinsam bräuchten wir ein paar Würfel.
Das minimalistische Rollenspiel das ich kenne ist Idee! Es basiert wie Engel auf einem Arkana Deck, welches auch eigentlich das einzige notwendige Utensil zum spielen ist.
Übrigens noch Mal eine Frage abseits vom eigentlichen Thema. Habt ihr eigentlich noch vor noch mehr Folgen vom Rollenspiel-Audiocollege zu machen. Ich höre mich gerade durch alle alten folgen durch. Und Rollenspiel-Bücher im Audio Format empfinde ich als nette und bereichernde Abwechslung 😁
Hallo Razzark! Vielen Dank für deinen Beitrag – ich denke, „Idee!“ haben wir sogar schon einmal besprochen, kann das sein? In der Folge über Spielkarten und Rollenspiele, ich müsste jetzt die genaue Folgennummer erst noch einmal nachschauen. 🙂
Wegen dem Audiokolleg, auch hier vielen Dank für dein Interesse! Ich habe da noch sehr viel vor, ja, aber es ist gerade nicht sehr weit oben auf der Liste der Dinge, die dringend anstehen. Ich kann dir aber versprechen, dass ich da sehr viel Bock drauf habe, da kommt auf alle Fälle noch etwas, auch noch ein paar experimentelle Sachen.
Also wenn ich mal mit meiner Crew im Knast lande, wir hätten kaum ein Problem, unsere Runde fortzusetzen. Battlemaps und Sichtschirme verwenden wir nicht. Unser Regelwerk ist Fate Core, das so wenige Regeln hat, das wir schon seit Ewigkeiten nicht mehr in das Regelwerk geschaut haben. Ausrüstungstabellen gibt es da ja nicht und die einzige relevante Tabelle ist auch nicht wirklich notwendig. Der Charakterbogen umfasst recht wenige Werte, sodass man den vielleicht noch auswendig lernen kann – ansonsten lass ich ihn mir von einem Mitinsaßen auf den Unterarm tätowieren. Oder reduziert noch weiter, siehe Fate Accelerated z.B. Gekaufte Abenteuer spielen wir auch so gut wie gar nicht (Filmriss und Ultima Ratio waren da zwei der wenigen Ausnahmen, vielleicht kennt die ja wer von euch), unsere Kampagnen sind immer selbst ausgedachte Settings.
Bleibt noch der Zufallsgenerator: wenn Spielkarten zur Verfügung stehen, dann würd eich mein Fate Kartendeck mir anstatt der Feile ins Gefängnis bringen lassen. Aber auch mit normalen Spielkarten wäre Fate leicht umzusetzen. (Ziehe 4 Karten, Herz ist Plus, Pik Minus, Karo neutral, die Kreuz-Karten kommen vorher raus). Mit der Buchaufschlagmethode kann man natürlich besonders gut einen W10 simulieren, aber auch jeden anderen, wenn ich mit der Rest-Methode arbeite. Z.B. W6: ich teile die aufgeschlagene Seitenzahl durch 6, was an nicht-ganzzahliger Rest überbleibt ist mein Wurfergebnis. Zugegebenermaßen ist das beim W3 von Fate einfacher zu handhaben als beim W17 von DCC.
Im absoluten Notfall nimmt man aber einen W2 und simuliert den mit Schere-Stein-Papier.
Was mir tatsächlich am meisten abgehen würde: der Internetzugang, den ich für Recherchen zu meinen Kampagnen und Abenteuerideen sehr intensiv nutze.
Insgesamt kann man aber sicher sagen: es kommt auch sehr stark auf den Spielstil an. Wenn ich immer nur gekaufte Dungeon Crawls mit DnD4 spiele fällt der Verzicht auf Battlemap, Regelbuch, Charakterblatt und Würfel sicher schwerer als bei einer Chtulhu-Runde, bei der es ja um die Geschichte geht und ich den regelmechanischen Teil einfach weglassen kann.
Filmriss und Ultima Ratio kennen wir sogar nochmal deutlich besser als viele andere Abenteuer. 🙂
Fate-Würfel lassen sich tatsächlich ganz gut improvisieren:
https://faterpg.de/2017/12/du-hast-keine-fate-wuerfel-zur-hand/
Wundert mich, der Autor ist eigentlich komplett unbekannt und unbedeutend 😉
Hallo zusammen,
ich gehe jetzt mal davon aus, dass ein Smartphone mit Würfelapp und Regelwerk/Charakterbogen drauf nicht zählt? 😉
Wirklich brauchen tut man nichts außer Fantasie und ein wenig Improvisation.
Wozu Würfel/Karten/etc wenn man Entscheidungen mit Schnick-Schnack-Schnuck lösen kann oder über ne „Gewinnquote“ (3 von 4 Proben gelingen etc.)?
Notizen muss man nicht unbedingt aufschreiben wenn man eher in Richtung One-Shot und einfache Plots geht.
Ein Charakterbogen? Das alte Engel hatte im Arkana-System keine Werte. Da sollte man sich Name und Engelsorden und die handvoll mystischer Kräfte (no-spoiler 😉 ) merken können.
Miniaturen für den Kampf? Battlemap? – Theatre of the mind.
Man könnte wenn man wollte – aber wozu auf die vielen tollen Sachen verzichten?
Ich spiele fast ausschliesslich ohne Regelsystem, manchmal auch ohne Spielleitung und gelegentlich auch ohne Rollen oder ohne Vorbereitung. 😛
Zum Beispiel: Wir schreiben zusammen einen Oneshot und spielen ihn auch gleich. Ohne System, ohne Leitung, ohne Vorbereitung. 😀
😀