Folge 194 – Monatsbeiträge und Abo-Modelle: die Zukunft unseres Hobbys?

In dieser spekulativen Folge rollen wir keine Würfel über den Tisch, sondern unsere Glaskugeln: Netflix, Spotify, Kindle, Microsoft Game Pass – wenn sich ALLE Formate in den Unterhaltungsmedien in die gleiche Richtung bewegen, dann ist diese Entwicklung auch im Bereich der Pen & Paper Rollenspiele eine beschlossene Sache. Bald werden wir sagen können: das ganze Eskapodcastland hat schon lange gewusst, was andere noch kaum ahnten.

Cast: Martin, Carsten, Michael Länge: 01:00:57

Inhalt:
01:40 Damals, als die Gummistiefel noch aus Holz waren: ARD, ZDF, fthagn!
07:53 Fernsehunterhaltung, Musik, Haustier-Kauf: Abo-Modelle übernehmen die Welt
20:54 Theaterdonner und Applaus: Distanzrollenspiel als Anbeginn einer neuen Zeit!
30:04 hartnäckige und verbohrte Methusalems: die Totholzler & die Sammler
36:14 Features, features, features und die TOTALE KONTROLLE über alles!
54:03 Ein Kontinuum der Möglichkeiten: Rollenspiel im Limbus zwischen Fate und WoW

Was wir gerne wüssten: Für wie realistisch hältst du die angezeichneten Entwicklungen und unter welchen Umständen könntest du dich damit anfreunden? Und: Warum hat der Host mit seiner weitsichtigen Kategorisierung von Fortnite als Rollenspiel vollkommen Recht?

Links:
Videorekorder
Super 8
DnD Beyond
DSA-Briefspiel
Living Campaigns
World of Warcraft
Eskapodcast 145 – Zeitenwende im Rollenspiel
Eskapodcast 139 – Spaß durch Schmerz

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33 Gedanken zu „Folge 194 – Monatsbeiträge und Abo-Modelle: die Zukunft unseres Hobbys?

  1. Hallo zusammen,

    sehr spannendes Thema das gerade durch die aktuelle Lage sehr an Bedeutung gewonnen hat. Mir sind spontan viele Fragen und Beispiele beim Hören eingefallen. Weiter so!

    Zum Thema Abomodell von realen Dingen: Mietwohnung oder Autoleasing wären Dinge die keine großen „Produkt“-Updates während der Mietdauer erfahren.

    Als Beispiel für exklusive Inhalte: Ich habe mir vor einiger Zeit die Printprodukte zur D&D-Drittanbieter Kampagne „Odyssey of the Dragonlords“ von Arcanum Games geholt. Dabei gibt es als Zusatzprodukt in Handout-form Karten von Inseln und der Welt sowie dem Sternenhimmel der wichtig für die Schiffsnavigation in diesem griechisch-inspirierten Setting ist. – Was allerdings nicht als Printprodukt erhältlich ist, sind die ganzen Battlemaps die im Kampagnenbuch abgedruckt sind. Ein Kopieren dieser Karten funktioniert eher schlecht. Also müsste man diese weglassen oder selbst erstellen. – In digitaler Form gibt es diese Karten allerdings wenn man sich das Abenteuer für diverse TTRPG-Engines kauft. :-/

    Carsten hatte ja schon das Editionsproblem angesprochen: Für D&D4 gab es einen digitalen Charaktergenerator. Dieser wurde dann per Softwareupdate seitens des Herstellers abgestellt. Sprich, man kann seine Charaktere dann wieder per Hand erstellen oder sich in den Weiten des Internets eine Möglichkeit suchen, dies zu umgehen. – Nicht sehr schön für diejenigen die D&D4 spielen wollen (wozu ich mich allerdings nicht zähle).

    Ebenfalls, und das habe ich vermisst bei eurer Aufzählung, ein wirklich massives Problem: Was mache ich denn, wenn der Anbieter pleite geht oder die Lizenz verliert und die Server abgestellt werden? Dann sind meine Charaktere alle weg. Meine Kampagne mit allen Kommentaren ist weg…..

    Für Printprodukte gibt es von Ulisses bereits eine Art „Abomodell“: Den Collectors-Club https://ulisses-collectorsclub.de/ – Man bestellt vor und erhält Dinge dazu bzw. exklusiv.

    Was das Treffen in der Taverne in DSA/World of Warcraft anbelangt möchte ich Carsten widersprechen: Wenn unsere Charaktere in DSA in die gleiche Taverne gehen werden sie sich höchstwahrscheinlich auch nicht treffen, weil wir unterschiedliche Spielleiter – oder auf WoW bezogen – unterschiedliche Server haben. Es ist also nicht das gleiche Aventurien, auch wenn die Grundlagen dazu gleich sind.

    Viele Grüße
    Thomas der Zweite

    • Super Hinweis mit dem Collectors-Club!

      Und das mit dem Abschalten des Heldengenerators ist ja auch sehr interessant, das wusste ich gar nicht. Vielen Dank!

  2. Sehr interessante Folge! Eigentlich sind natürlich alle Folgen interessant, aber wenn es um den Blick in die Glaskugel geht, horche ich immer besonders auf.

    Ich würde in Sachen Gaming weniger MMORPGs als Vergleich heranziehen, sondern eher kooperative RPGs. Wenn ich mit meiner Gruppe in einer digitalisierten Spielwelt Abenteuer erleben/leiten würde, würde ich dort ja als SCs keine X Spieler:innen herumlaufen sehen, sondern nur meine Mitspielenden.

    Ich glaube nicht, dass Leute bei ansteigender Digitalisierung des Hobbys mehr zu WoW u. Ä. überlaufen würen. Ich sehe das ja bei unserer Runde, die bald 20 Jahre DSA spielt und ab und an auch mal etwas anderes: Zum einen sind die Leute oft genug mit ihren herzallerliebsten Rollenspielwelten durch erlebte Narration und deren sozial-interaktive Unterfütterung eng verwoben, zum anderen machen Leute heutzutage ja eh vieles gleichzeitig – also sich das Pen&Paper-Rollenspiel als Hobby bewahren, aber ab und an auch mal etwas zocken (das dann gerne auch in die Richtung von Rollenspiel geht).

    • Ich denke auch nicht, dass MMORPGs Rollenspiele ablösen werden. Dazu sind sie zu beschränkt in dem was dort machbar ist. – Zumal Du ja auch keinen Spielleitenden hast der spontan Dinge anpasst oder individuelle Texte schreibt.

      • Bei mmorpg denke ich auch nicht, dass das ein Ersatz für herkömmliche Rollenspiele werden kann.
        In grauer Vorzeit habe ich mit vier Mitspielern gerne Icewind dale im Multiplayer gespielt.
        Da wir uns alle über Tischrunden kannten, funktionierte sogar dort das Rollenspielen ganz okay. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, aber so richtig Erinnerungen habe ich daran nicht mehr…Ist ja auch schon 20 Jahre her…
        Zum Anfang der Pandemie habe ich mir für meine Gruppe einige Online Rollenspiel-Hilfen angesehen und war sehr überrascht.
        Da gibt es zum Beispiel
        TaleSpire
        Oder
        3dvtt
        Oder
        Realm Engine

        Was Techniknerds begeistert aber noch von den ‚Alten Rollespielern mit (Druck)Bleistiften‘ abgelehnt wird.
        Ich denke, die technische Hürde ist noch zu hoch, dass es eine wirkliche Alternative für eine Tischrunde Online gibt.
        Aber das wird kommen.
        Und … natürlich ist Fortnite ein Rollenspiel!

  3. Realistisch ist die angedachte Entwicklung natürlich, weil es deutlich mehr als zarte Anfänge schon längst gibt.
    Und WotC schielt ja erklärtermaßen auch für D&D auf den mobilen Markt, sprich auf D&D für allen möglichen Elektronippes. Da werden wir in den nächsten Jahren sicher verstärkte Bemühungen sehen.

    „Global“, also für alle Nutzer, hat das die selbe Grenze wie MMORPGs, Streaming-Dienste etc., wie sie auch im Podcast anklingt:
    Viele nutzen mehrere Streaming-Dienste, aber kaum einer nutzt ALLE.
    Da wird also nach einem initialen Konkurrenzkampf eine deutliche Marktkonsolidierung auf die Anbieter mit dem größten Marktanteil stattfinden (es wird also noch mehr quasi alles D&D…).

    Für das Rollenspiel hätte das möglicherweise den Effekt, dass sich die großen Anbieter ein Stück weit aus dem Printbereich verabschieden und dort mehr Luft für die kleinen Krauterer bleibt, die eh keine konkurrenzfähigen Abo-Modelle anbieten können – anders als beim Streaming- oder MMORPG-Sektor, wo die kleinen schlicht aussterben (von privat betriebenen UO-Servern etc. mal abgesehen).

    Grundsätzlich wird es da wohl aber eher laufen wie auf dem Buchmarkt und weniger wie bei Musik und TV:
    Die Gesamtkonstellation „Online spielen, Regelwerke digital nutzen und diese sowie das ganze Drumherum digital im Abo beziehen“ dürfte die Parallelveranstaltung zum „traditionellen“ P&P werden, dieses aber nie ganz ablösen, so wie auch das gedruckte Buch über Jahre totgesagt wurde, aber immer noch einen großen (den größeren?) Marktanteil stellt und nicht wegzudenken ist.

    Für mich selbst ist so ein Modell gar nichts; ich bin aber auch quasi der maximal undankbarste potentielle Kunde für so etwas:
    Online-Spiel ist mir ein Graus,
    mir geht der meiste elektronische Nippes in kürzester Zeit auf den Keks, wenn das Interface nicht quasi perfekt ist,
    ich habe keinerlei Interesse an breiter Vergleichbarkeit und offiziellen Abenteuern,
    und mir geht es enorm gegen den Strich, wenn ein Anbieter meint, seinen *Service* zu ändern. Ich will ein fertiges Produkt (an dem ich beim Rollenspiel – anders als etwa bei Musik – ja auch noch selbst Änderungen vornehme!) und damit auch ein Mitspracherecht, ob und was sich daran ändert. Erst recht, wenn Teile des ursprünglichen Angebots dadurch auf einmal nicht mehr verfügbar sind.

    Für mich ist es mittlerweile bei Musik, DVDs und Videospielen ein spürbarer Mehrwert, wenn ich in irgendeiner Form die Kontrolle über das Produkt habe und eben nicht irgendwelchen nachträglichen Änderungen ausgesetzt bin. Erst recht, wenn dann wie angeklungen ein Anbieter meint, durch seine „perfekte“ Datenbasis die nächsten 2 Seasons nur noch das anzubieten, was jetzt mal 3 Monate gut gelaufen ist oder was dem neuen Cheffe besonders gut gefällt…

    Ganz ins Extrem gedacht:
    Gäbe es morgen von Verlagsseite nur noch solche Abo-Modelle und von Mitspielerseite nur noch elektronische Regelwerke und Online-Spiel, würde ich meine restliche Rollenspielerkarriere als Solo-Spieler verbringen.

  4. Wieder eine von den Folgen, wo ich am Anfang denke: Was soll das den für ein Thema werden? Aber sie hat mir gut gefallen.

    Das es irgewann ein DnD -Abo geben wird, kann ich mir gut vorstellen. Aber danach kann ich mit kaum andere Anbieter vorstellen, die groß genug für solch einen Kraftakt wären.

    Das Abo schreckt mich insofern ab, da ich das Rsp für das günstigste Hobby der der Welt halte. Überzogen gesagt, einmal ein System kaufen, reicht fürs ganze Leben.

    Natürlich kann ich mir fast jede Woche oder öfter irgendwas neues kaufen, aber das macht ja kaum einer. .. . Ist es dann von meinen RPG Abo oder ist es Katzen im Weltall, die ja keine Streaming-Deals haben?

    Seitdem wir Appunterstützt Brettspiele spielen, die das Regelmanagement erledigen, fände ich die computerunterstützte Regelanwendung ganz nett.
    Das wäre vielleicht mein Schwachpunkt, aber gehe ich davon aus,dass es sowas nicht für mein System gibt und ich es einmal kaufe anstatt monatlich Geld drauf zuwerfen.

    Grüße

    • „Wieder eine“ – haha 😀

      Die Welt der Abos ist ja irgendwie auch der totale Wilde Westen, zudem wird noch absichtlich mit seltsamen Bundles oder anderen Verschleierungstaktiken gearbeitet. Man könnte die Position vertreten: „Oh wie schön, dass mein RPG-Abo mir jeden Monat zwei neue Gratis-Überraschungs-RPGs freischaltet“ – oder man kömnnte das als Nepp empfinden, für den man letztlich ungewollt einen integriertebn Aufpreis bezahlt.

      Ich finde das sehr spannend.

      • Ich bin gerade die letzten fünfzig Folgeneinträge durchgegangen und habe die Folgen über die Garde, die Gebrauchstexte und den Heiltrank gefunden, die ich vom Titel her merkwürdig fand und dann sehr über die inhaltliche Bandbreite erstaunt war.
        „Wieder eine“ ist also drei aus fünfzig Folgen.

  5. Moin!

    Zu den Living-Campaign:
    FASA hat das für Earthdawn und für Shadowrun (Missions).

    Ansonsten zu den Abos:
    Das Problem ist glaube ich das Verhältnis zwischen Nutzung und Preis. Viele meiner Gruppen spielen 1x alle Monat. Dafür dann aber einen monatlichen Preis, bei dem ich dann auch noch den Zugriff auf das Material verliere, wenn ich das Abo kündige, da ich nur noch auf 1x im Quartal komme? Nicht wirklich. Regelwerke und Abenteuer veralten nicht. Die kann ich kaufen, kann ich so auch in 10 Jahren noch spielen. Wenn man einmal „sein“ System gefunden hat, braucht man auch die neuen Editionen nicht mehr um jeden Preis.

    • Vielen Dank für den Hinweis auf FASA!

      Du hast völlig Recht, die unterschiedliche Taktung der Spielevents ist natürlich ein relevanter Faktor. Man könnte vielleicht einwenden, dass manche Leute ihr Netflix- oder Fitnesstudio-Abo auch sehr unterschiedlich nutzen.

  6. Zum Kindle: Was ihr meint heißt Kindle Unlimited und ist ein extra Abo, das man abschließen muss. Eine abgespeckte Version davon hat man mit Prime Reading im Prime Abo enthalten.

    Zu RSP-Abos: Wenn wirklich alle Regelwerke, Abenteuer etc. enthalten sind und nicht manche Inhalte wieder hinter einer anderen Paywall versteckt sind, finde ich so ein Abo für Vielspieler/Fernspieler sinnvoll, vorallem wenn neue Inhalte direkt verfügbar sind. Allerdings finde ich bedenklich, dass vermutlich jeder Verlag sein eigenes Abo anbieten wollen würde. Das nervt ja schon beim Videostreaming.

    Witzigerweise zahlt man als Digitalspieler ja häufig schon einen Abopreis für den VTT (je nach Plattform) nur muss man sich aktuell die Module dann noch extra dazukaufen. Und da würde es noch mal extra ärgern, wenn die Plattform Konkurs macht und alle gekauften Inhalte futsch sind. Wenn es hingegen ein reines „Streaming“ ist, ist es nur halb so schlimm, weil ich nur den Abopreis bezahlt habe (meine Meinung). Auch wäre noch die Frage, ob nur der SL ein Abo benötigt oder auch alle Spieler.

  7. Wie so oft habt ihr ein Thema gewählt, das mich ebenfalls beschäftigt. Ich vertrete ja nun seit Jahren (nur leicht ironisch) die These, Tischrollenspiel sei der Marxismus der Unterhaltung. Und daher sehe ich die zunehmenden Abomodelle als Versuch, mit einem Hobby Gewinn zu machen, dass fundamental unprofitabel ist.
    Insofern sind eure Prognosen natürlich sehr plausibel, weil das Geld sie treibt.
    Ich sehe diese Sorte Finanzierung auch nicht als inhärent problematisch an. Allgemein halte ich Rollenspielprodukte für viel zu günstig für die Leistung, die sie erbringen. Wobei man hier den Preis unter drei Aspekte sehen kann: (1) Wie viel Geld ist nötig, um Qualität zu ermöglichen? (2) Wie viel kann und will sich der Durchschnittsrollenspieler leisten? (3) Wie viel Unterhaltung kriegt man für sein Geld? (Gerade unter Aspekt 3 tritt der günstige Preis von Rollenspielen sehr klar hervor. Wer glaubt, 50 € für ein Grundregelwerk wären viel, sollte einfach mal seine Runde für einen einzigen Spielabend stattdessen ins Kino einladen.)

    Interessant fand ich, dass ihr Abomodelle weitestgehend als Teilmenge des digitalen Spiels betrachtetet. Das entspricht ganz klar der aktuellen Entwicklung, ist aber auch nicht logisch notwendig verknüpft.
    Aber das macht für mich die Bewertung schon anders, weil ich dann nicht mehr gefragt werde, ob ich Abos in Ordnung finde, sondern gleich, ob ich Abos und die Verschiebung des Hobbys ins Digitale gut finde.

    Ich bevorzuge das Spiel am Tisch deutlich, sehe aber auch die Vorteile des fernmündlichen Spiels.
    Einer der Vorteile ist einer, den Carsten ganz anders erlebte: Bei mir lernten die Spieler die Regeln viel schneller, als wir vom Tisch ins Netz wechselten und die Regelelemente anklickbar wurden. (Das war allerdings auch Fate mit RPG Note Cards und nicht Splittermond.)
    Ein weiterer Vorteil ist natürlich, dass digitale Produkte im Nachhinein korrigiert werden können. Und das Abomodell finanziert das dann sogar.
    Ale weiteren Vorteile sind dann wohl Gemeinplätze, die jeder schon kennt.

    Ich sehe aber auch deutliche Nachteile der Entwicklung, wenn das Digitale nicht mehr die Umsetzung des Physischen ist, sondern zum treibenden Faktor wird. Das fängt damit an, dass vor allem große Systeme das stemmen können und damit die kleineren wegfallen und der Markt verarmt.
    Außerdem gibt es gewisse Elemente, die digital fester verankert sind und das Spiel mehr in ihrer Richtung ziehen. Bspw. scheinen die meisten digitalen Tische auf Kartenkampf ausgelegt, sodass auch Systeme, deren Stärken ganz woanders liegen (z. B. DSA) immer mehr in diese Richtung gedrängt werden. Das finde ich sehr schade. (Zum Glück macht das oben erwähnte RPG Note Cards für Fate das anders.)

    PS: Es tut mir leid, aber ich muss hier noch eine semantische Korrektur loswerden, weil ihr es konsequent falsch machtet. Das englische Wort „physical“ hat im Deutschen zwei Entsprechungen „physisch“ (also körperlich, materiell, objekthaft) und „physikalisch“ (also sich mit der Natur und den Prozessen physischer Objekte befassend). Ein Regelwerk, welches ich gedruckt in die Hand nehmen kann, ist ein physisches Regelwerk. Ein physikalisches Regelwerk dagegen müsste die Physik der Spielwelt zum Thema haben und sollte also Differentialgleichungen usw. enthalten.

    • Vielen Dank für deinen Beitrag, dem kann ich mich umfassend anschließen. Wahrscheinlich steht und fällt die Aboisierung mit der Distanzierung des Rollenspiels, letztere sehe ich aber auch nicht als unaufhaltsamen Prozess an. Wir werden sehen. Die Marktmacht von DnD könnte aber schon den Ausschlag geben bzw. der übermächtige Hebel sein, völlig abwegig ist das nicht.

      Challenge: Ich werde in der nächsten Folge das Adjektiv „physalisch“ platzieren, dann musst du im Gegenzug aber deine Rollenspielvita abrunden und mit Freunden ein paar Runden Fortnite spielen. 🙂

      • Ich fürchte, bevor ich als Familienvater die Zeit für Fortnite freikämpfen muss, höre ich mir lieber weiter den Begriff „physikalisch“ an. So pedantisch, wie ich im Netz manchmal wirke, bin ich eigentlich gar nicht.

  8. Eine Folge, bei der mir bildlich gesprochen übel wurde. Nicht, weil sie schlecht gewesen wäre, sondern aufgrund des Themas. Lichtbringers „Marxismus der Unterhaltung“ hat schon was Treffendes (ich würd’s noch Auffächern zu einem gesunden Anarchismus, DIY und Selbstbestimmung), und Abomodelle aller Arten haben einen einzigen Zweck, nämlich Geld zu generieren. Dafür ist das Rollenspiel dann nur noch ein Mittel und kein Zweck mehr, die negativen Folgen sind mAn unübersehbar und immens. Zum Glück habt ihr am Ende noch einige Contras genannt, die mir persönlich aber zu kurz kamen. Am wichtigsten scheinen mir:
    – Ausschluss aller Mitspieler, die sich „das Abo“ nicht leisten können oder wollen,
    – „Entmachtung“ der Spielenden (bzw. vor allem der SL) in der Deutungshoheit über die Spielwelt („ich habe aber für die Charakterklasse bezahlt also kann ich die auch spielen – wenn du mir das nicht erlaubst, melde ich dich bei der Plattform, weil in den AGB steht blablabla!“ – klingt lustig, ist aber die konsequente Entwicklung eines auf Geld ausgerichteten Anwendungsmonopols)
    – Aufgabe der Verantwortung für die Spielregeln – die meisten Hausregeln werden nicht möglich sein in solchen digitalen Paketen, z.B. und gerade bei der Charakterentwicklung (ein Grund, warum ich auch beim komplexen DSA4.1 kaum Generatoren benutzt habe)
    – Maßlose Vermüllung mit wenig hilfreichem Zusatzmaterial (damit ein Abomodell „attraktiv“ wird) – eine Tendenz, die man heute durch Selfpublishing schon beobachten kann in den Downloadstores und Scriptorien dieser Welt sieht. Nicht nur aufmerksamkeitsökonomisch ein Desaster, sondern vor allem auch in Bezug auf Spielweltkonsistenz. Und natürlich für alle Autoren, „wir brauche nichts Gutes, wir brauchen was am Mittwoch.“
    – Noch mehr „Wegwerfmentalität“, vor allem, wenn es nicht mehr nur um Ein-System-Abos wie D&D Beyond, sondern um Verlags-Abos („für nur 15 € im Monat Zugriff auf alle Spiele von Ulisses“) oder gar z.B. DriveThru-Abos geht. Der Spotify-Effekt, den ihr auch genannt habt – die Wertschätzung für das einzelne Werk nimmt dadurch massiv ab, Trivialisierung und Banalisierung führen zu einem Rückgang des eigenen emotionalen Investments, Korruption der intrinsischen Motivation und des Tiefgangs in der Beschäftigung mit dem Spiel und den Mitspielenden.
    – Zugriffsbeschränkung durch den Provider – würde mit Sicherheit in den AGB stehen. Eine neue Edition kommt? Die alten Abomodelle werden in neue umgewandelt! Hups, leider wieder mit weniger Zugriffen als vorher, also schnell wieder ein paar DLCs dazukaufen. Oder, ganz banal: Das Rollenspielwochenende auf der Berghütte: ohne Netz? Kein Zugriff und kein Spiel. PDF-Download? Nicht bei einem ernsthaften Abomodell.
    Oder kommt einem sowas nicht bekannt vor: „80% spielen Barbaren, lass mal ein neues Set für Barbaren machen  Jetzt spielen alle nur noch Barbaren, lass mal den Barden ein paar neue imbane Skills kriegen, damit er wieder konkurrenzfähig wird  Jetzt gibt es nur noch Gruppen von Barden und Barbaren, und die haben schon alle Achievements und kündigen immer mehr das Abo  Wir brauchen irgendein globales Event, am besten ein Crowdfunding für eine neue Abostufe! Und 90% der Spieler haben doch „Curse of Strahd“ gespielt, also machen wir was mit Vampiren!  Warum eigentlich keine Vampire als SC, aber nur, wenn man als Premium-Abonnent an diesem Live-Event teilnimmt in einer Gruppe anderer Premium-Abonnenten, die sich per käuflichem Los um einen Platz bei einem offiziell von uns lizenzierten Ultra-SL bewerben, der dann ein exklusives Wettbewerbsabenteuer leitet, und sie das überleben. Was? Ja, klar kann man sich für das Abenteuer vorab noch extra Buffs für seinen Charakter dazubestellen!
    Ach und Gary, da kam grad eine Anfrage vom FBI rein, dass dieser Terrorverdächtige bei uns spielt, wir sollen ihnen die Auswertung aller seiner Spielsessions geben. Natürlich, die Voice-Mitschnitte, und die der Mitspielenden natürlich, die sind ja auch potentiell verdächtig. Klar haben wir die alle noch, damit die KI live errechnen kann, welche Goodies sie ihm zu welchem Preis anbieten muss. Und damit er in seinen social media passende Werbung bekommt. Hast du nicht mitgekrigt, dass wir letzte Woche von Meta aufgekauft wurden, weil wir inzwischen zehn Millionen Nutzer haben? Natürlich verstehen die nix von Rollenspielen, aber es geht ja hier auch Abos und Nutzerdaten… Laut diesem Artikel da gibt es übrigens signifikante Überschneidungen zwischen Präferenzen und Verhalten eines Spielers und seines Charakters – meinst du, wir sollten auch diesem großen Onlineversandhandel mal anbieten, dass er seine Angebote mit unseren Daten abgleichen kann, immerhin haben wir hier echte emotionale und soziale Erlebnisse auszuwerten…“
    Klingt etwas überzogen alles? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht, wenn in vielen Ländern „Facebook“ synonym für „das Internet“ ist. Hat aber doch nix mit unserer Szene zu tun? Wieviele vergleichbar groß konkurrierende Download-Shops für Rollenspielmaterial gibt es nochmal?
    Man liest wohl raus, dass ich kein Freund des Plattformkapitalismus, von Monopolismus und Zugangskontrollen durch Anbieter sowie vom Datensammeln allgemein bin, da steh ich auch zu. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der erste Satz meines Kommentars zu verstehen, denn die Folge hat durchaus zum Nachdenken angeregt. Ich gehe mit euch d’accord, dass „traditionelles“ Rollenspiel am Tisch und mit Büchern nicht aussterben wird, aber es kann leicht in der Bedeutungslosigkeit und bei den alten Säcken versinken, wenn das Online-Spiel (für das ja überhaupt nur solcher ganzer Schmu nötig ist) weiterhin noch dominanter wird und das auch bleibt. Ich sähe aber darin keinen Fortschritt, sondern bestenfalls eine Transformation des Hobbies in eine zunehmend oberflächlicher werdende Richtung: warum sich noch in der Tiefe mit seinem System auseinandersetzen, wenn eh die Software alles macht? Wie groß ist noch der Schritt zu unsichtbaren „+5 auf die nächste Probe, wenn der Charakter mehr als zweimal in Folge gescheitert ist, damit nicht zu viel Frust beim Spieler entsteht“-Mechanismen? Die Blinker-Analogie hinkt übrigens ziemlich – wenn Autofahren Rollenspielen ist, dann sind Spielregeln nicht mit Mechatronik, sondern mit Verkehrsregeln gleichzusetzen. Ich muss schon wissen, wann ich in welche Richtung blinken muss, und die Verkehrssituation einschätzen können, damit ich weiß, ob der Überholversuch noch vertretbar ist. So wie ich wissen muss, ob ich in meinem System ungefähr eine wie groß Chance habe, den Oger mit einem einzigen Angriff nach einem Salto auf seine Schultern umzustechen, damit es Sinn macht, drüber nachzudenken, sowas zu tun.
    Rollenspiel ist nicht im wesentlichen Konsum, sondern eigene Aktivität, eigenes Commitment. Abomodelle implizieren immer ein möglichst-viel-nehmen – das kann beim Rollenspiel nicht funktionieren.
    Kurz: Ich hielte die allermeisten der von euch im Podcast diskutierten Sachen für schädlich für das Hobby und seine Ausübenden.
    (Vielleicht ist dieser Kommentar etwas konfus, aber ich musste ihn nachwuchsbedingt über drei Tage gestreckt schreiben. )

    • Mir persönlich graust es am meisten vor irgendwelchen „Bundles“. Ich kriege schon bei ganz unschuldigen Stretchgoals, die an meine Ursprungsbestellung angebundelt werden, Zuckungen. 🙂

      Man könnte freilich einwenden: „Wer ‚Unter dem Westwind‘ kauft (falls du das kennst), der bekommt nicht nur cooles Thorwal und cooles Gjalskerland, sondern der kriegt auch noch gefühlte 50 Seiten Waskirer Hinterland, völlig krampfig kleinteilig beschrieben, ob er will oder nicht.“ Insofern entkommt man den Bundles vermutlich auch im klassischen Rollenspiel nicht (und auch sonst im Leben kaum irgendwo).

      Die Blinkeranalogie ist perfekt, wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt und es um „Komfort“ vs. „Transparenz“ ging. Es ist sehr wertvoll, wenn das Auto blinkt, wenn man den entsprechenden Hebel betätigt, und man sich nicht um die zugrunde liegende Technik kümmern muss. Bei Diablo / WoW haut der Held beim Mausklick auch einfach zu, und man schert sich nicht darum, wie die zugrunde liegenden Rollenspielregeln sind. Beiden Spielen gibt mMn der Erfolg Recht, den nehme ich ernst.

      Ich denke, dass ich persönlich Rollenspiel-Abonnement-Formen auf jeden Fall vermeiden werde, so wie ich sie auch in anderen Entertainmentformaten (fast) konsequent vermeide.

      Ein glorreicher Aspekt der Marktwirtschaft ist freilich, dass jeder Teilnehmer mündig ist und die Dinge nicht kaufen muss, die ihm nicht behagen. Und dass bedrückend unangenehme Angebote das Aufkommen von Konkurrenz begünstigen, die angenehmere Angebote macht.

      Ich sehe die Sache dementsprechend locker, sogar wenn man für die Zukunft worst case Szenarien annimmt.

      • „Und dass bedrückend unangenehme Angebote das Aufkommen von Konkurrenz begünstigen, die angenehmere Angebote macht. “

        Stimmt zwar, aber das heißt ja nicht, dass die angenehmeren bzw. gefälligeren Angebote dann auch (wieder) die Markthoheit bekommen.

        Wenn es genug Kundschaft gibt, die den seichten Mist kauft und spielt, weil das der Weg des geringsten Widerstandes ist, muss man Spieler für anderes mühsam suchen – und das wird mit einem absehbaren Abo-Modell von WotC nicht anders sein als mit der eh schon vorhandenen 5e-Schwemme.

      • Wer halbwegs ernsthaft „gamen“ will, braucht aber halt mehr als die linke Maustaste; in jedem ARPG, um bei dem Beispiel zu bleiben, muss man „theorycrafting“ betreiben, um eben die REGELN zu verstehen – und warum beispielsweise bei Diablo bestimmte Angriffsgeschwindigkeiten nichts bringen, weil die Framerate den Effekt begrenzt. Oder um bei Titan Quest den „Durchschlagsanteil“ von Waffen zu verstehen. Oder oder oder.
        Wenn man mehr als ein Casual Gamer sein will, natürlich.

        Aber um bei deiner Analogie zu bleiben – wenn Verkehrsregeln schon egal sind, dann erlaubt die Regelkenntnis mir zu verstehen, was ich da für ein Auto fahre – oder besser, ob es überhaupt ein Auto ist. Oder ein Traktor, ein Motorrad oder ein Panzer.
        Das ist mAn ein wesenltich treffenderes Bild – ich erinnere mich an mein erstes Mal Shadowrun in meiner Teen-Zeit, als ich einen Akimbo-Gun-Adept spielen wollte, um dann in der Anwendung festzustellen, dass das regeltechnisch volliger Quark ist, weil man dann seinen Angriffspool auf beide Ziele aufteilen muss und nichts mehr trifft. Hätte ich damals etwas mehr Ahnung von Regeln gehabt, hätte ich was Anderes gespielt.
        Regelsysteme wirken extrem unterschiedlich auf das Spiel ein und überschreiben bei Bedarf das „invisible rulebook“ der Spielenden. „Ich greife den Gegner an“ funktioniert regeltechnisch völlig anderes bei D&D als bei, sagen wir, Ironsworn oder Dungeon World.

        Ansonsten gilt, was YY sagt. Wenn es um Qualität ginge, wäre die Rollenspielwelt nicht von D&D überrollt worden.
        Marktwirtschaft hat ihre Tücken, und wo Geldverdienen zum Zweck statt zum Mittel wird, gerät der ursprüngliche Zweck aus dem Blick. Im Kleinen sieht man das in „modernen“ Publikationsstrategien wie von Ulisses, wo man mit Material zugemüllt und relevanter Content auf möglichst viele Publikationen verteilt wird – was für das Spiel an sich sehr negativ ist, aber sich finanziell sicher rechnet.

        • Kauf doch einfach die Publikationen von Ulisses nicht, wenn du der Meinung bist, die mit dem Kauf verbundenen Qualen übersteigen die mit dem Kauf verbundenen Genüsse.

          In der UdSSR gab es sehr viele sehr intelligente Leute mit sehr viel Zeit, aber keine Strukturen und keine Anreize für die Verbreitung einer Spielform wie DnD. Die Alternative ist also nicht „das schlimme DnD, das wir jetzt haben“ vs. „ein viel besseres DnD“, sondern die Alternativen sind „kein DnD“ oder „ein DnD, das in einer Schreibtischschublade verrottet und nur vom Erfinder und seiner Frau gelesen wurde“.

          Deiner ARPG-Darstellung kann ich in ihrem Grundgedanken zustimmen, empfinde aber die Formulierungen „halbwegs ernsthaft“, „in jedem“ und „muss man“ als verfälschend. Framerate-Analysen dürften nur von sehr extremen Gamern betrieben und beachtet werden. Die unkomfortablen Regeln bei Shadowrun sind insofern interessant, weil spektakuläre 55% aller Spieler sie ignorieren (sagt eine aktuelle Tanelorn-Umfrage). Klicken-um-zu-schießen wäre möglicherweise DIE Erlösung für SR.

          Du kommst vermutlich aus einer Regelfuchser-Ecke, das kann ich respektieren. Unabhängig vom persönlichen Geschmack kann man mMn feststellen: Ausgefeilt modellierte Regelsysteme sind mittlerweile in der Endphase ihres Rückzugskampfs. Der Bedarf an Komfort existiert, irgendwer wird ihn irgendwann erfolgreich bedienen. Das wäre jedenfalls meine Wette.

          • „Die unkomfortablen Regeln bei Shadowrun sind insofern interessant, weil spektakuläre 55% aller Spieler sie ignorieren (sagt eine aktuelle Tanelorn-Umfrage). Klicken-um-zu-schießen wäre möglicherweise DIE Erlösung für SR.“

            Sagen wir: EINE Erlösung.
            Denn die Regeln werden ja nicht von allen in gleicher Weise einfach ignoriert, also durch KEINE oder WENIGER Regeln ersetzt, sondern durch ANDERE Regeln ersetzt und dann natürlich nicht von allen durch die gleichen Regeln.

            Sprich: Unter diesen 55% gibt es natürlich jene, die einfachere Regeln wollen. Andere wollen, dass die bestehenden Regeln grad so weit angepasst werden, dass sie rund laufen und wieder andere nehmen komplexere Regelwerke.

            „Kauf doch einfach die Publikationen von Ulisses nicht, wenn du der Meinung bist, die mit dem Kauf verbundenen Qualen übersteigen die mit dem Kauf verbundenen Genüsse.“

            Mach ich. Und genau so kaufe ich keine aktuellen D&D-Publikationen und ganz viel mehr nicht – und stelle dann fest, dass ich mit dem allergrößten Teil der Spielerschaft nichts zu tun habe außer die abstrakte Beschreibung, Rollenspieler zu sein.
            Das kommt in der Betrachtung gerne mal zu kurz, wenn man über DAS Hobby spricht.
            Da sind einige näher an anderen Medien bzw. Unterhaltungsformen als an anderen Rollenspielern.

            Dazu dann auch:
            „Ausgefeilt modellierte Regelsysteme sind mittlerweile in der Endphase ihres Rückzugskampfs. Der Bedarf an Komfort existiert, irgendwer wird ihn irgendwann erfolgreich bedienen.“

            Sicher werden einige notgedrungen lieber den komfortablen Kram spielen als gar nicht zu spielen.
            Viel kleiner kann die Nische für komplexe/ausgefeilte Regelwerke aber nicht mehr werden, weil die schon seit Jahren auf den harten Kern reduziert ist.
            Und da ist dann ein pauschales „komplexe Regelwerke“ auch wieder zu kurz gedacht, weil die jeweiligen Spieler nicht irgendein komplexes System nutzen, sondern ein konkretes.

            Diese Nische ist aus der „öffentlichen“ Wahrnehmung eh schon ziemlich verschwunden, aber die Leute gibts genau so noch wie jene, die 40K in der zweiten Edition spielen.
            Diese Spieler sind für die Hersteller und Verlage uninteressant und haben wie gesagt mit der breiten Masse der Spielerschaft kaum Berührungspunkte. Entsprechend weit im „Untergrund“ bewegen sie sich, aber wenn man z.B. einen entsprechenden Discord-Server auftut, stellt man fest, dass die Behauptung der Existenz solcher „Splittergruppen“ schon ziemlich zutreffend war. Und selbst da gibt es noch ein Dunkelfeld (und Überschneidungen mit der „normalen“ Spielerschaft, wenn einer z.B. eine D&D5-Gruppe hat und parallel eine WH1-Gruppe).

          • Was YY sagt. 🙂

            Ich bin durchaus nicht als Regelfuchser geborgen, habe aber über viele Jahre die Ansicht entwickelt, dass gute Regeln maßgeblich zu einer guten Immersion beitragen (und zu gutem „Gamismus“ sowieso). Mein Beispiel war SR 3, das Grundproblem blieb auch in SR 4 – der Akimbo-Schütze ist ein Action-Trope, das mit den SR-Regeln einfach so nicht vernünftig spielbar ist. Wenn man das nicht weiß, sondern immer nur auf „Schießen“ klickt, wird man viel Frust erleben. Den kann man sich sparen, wenn man die Regeln kennt. Aber auch sonst, egal wo, sobald es irgendwie taktisch wird und um etwas geht (das Leben des Charakters zum Beispiel), braucht man solides Wissen um Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten, um „rationale“ (d.h. spielweltplausible) Entscheidungen treffen zu können.
            Drum lass mich präzisieren: ich glaube nicht, dass komplexere Systeme durch Automatisierung von *Prozessen* (wie Kampfwürfen oder Proben allgemein) wesentlich gewinnen – bei der Verwaltung von Gegnern z.B. sieht das aber vielleicht anders aus.

            Ich würde auch keineswegs behaupten, dass D&D per se von Übel ist – ich anerkenne durchaus seine historische Relevanz. Was ich ihm aber persönlich ankreide ist, dass es sich nie konsequent um die Entwicklung besserer Regeln bemüht hat, sondern unheilige untote Kühe wie Rüstungsklasse, Slot-Magie etc. seit Jahrzehnten quasi unverändert mit sich rumschleppt, ohne hier mal wirklich den Mut zur Veränderung gehabt zu haben.
            (Darüber könnte man sicher diskutieren, aber da war beispielsweise DSA, insbesondere mit dem Schritt von 3 auf 4, um Längen innovativer. Innerhalb seines Systems natürlich, dass die das Kaufsystem auch nicht erfunden haben, ist schon klar. )

            Und zur spektakulären Tanelorn-Umfrage: *welche* Regeln genau ignorieren denn diese ominösen 55%? Irgendwelche? Das ist ja wohl recht normal, dass mehr als die Hälfte der Leute nicht mit allen Regeln spielt. Wenn 55% aber *alle* Kampfregeln z.B. ignoriert, das wäre schon interessant… kann ich mir aber kaum vorstellen.

      • Den letzten Absätzen muss ich leider Wiedersprechen, da dem eine ökonomische Analyse auf der fehlt. Denn es ist nicht bei allem so einfach dass sich einfach neue Produkte bilden wenn aktuelle Bedürfnisse nicht ausreichend gedeckt werden.

        Ich spreche hier von geschlossenen Plattformen, hat sich dort nämlich eine Plattform in einem gewissen Bereich erst einmal etabliert ist es nur noch möglich ihr unter Einsatz vieler Ressourcen teilweise Konkurrenz zu machen. Das liegt daran dass diese Produkte ihren Nutzen aus ihrer Verbreitung ziehen, ein Social Network wie Facebook z.B. wäre wenig nützlich wenn ich dort nicht all meine Freunde erreichen könnte und ebenso wäre es für Werbeagenturen um einiges uninteressanter, die Nützlichkeit des Produktes hängt also stark von der Marktdurchdringung des Produktes ab. Erschwert wird Konkurrenz hier auf 2 weitere Weisen:
        1. Öconomie of Scale: Oft werden die Produktionskosten pro Nutzung, z.B. pro verkauften Auto oder pro Nutzer*innen auf Facebook, niedriger. Dies liegt an verschiedenen Faktoren, wie z.B. das Fixkosten nicht linear zur höheren Auslastung steigen, Facebook z.B. muss seinen Code nur einmal schreiben(zu fixen Kosten warten), kann den aber für die Bedienung von 10-10 Mio. Nutzer*innen verwenden, je mehr Nutzer*innen Facebook also hat desto geringer sind die Kosten für seinen Code pro Nutzer*in und um so höher ist der Gewinn pro Nutzer*in bei gleich bleibenden Umsatz pro Nutzer*in. Da der Gewinn es einem Unternehmen ermöglicht zu agieren, z.B. zu Investieren oder die Preise zu senken(was quasi eine Investition in eine breitere Kundenmenge darstellt), hat ein Unternehmen mit höheren Gewinnraten bessere Bedingungen zu agieren, sie haben quasi mehr Aktionspunkte als ihre Konkurrenz. Das zusammen bedeutet dass ein etabliertes Unternehmen in einem Sektor auf den Mechanismen der Öconomie of Scale zutreffen, schon alleine aufgrund seiner Etablierung einen starken Wettbewerbsvorteil besitzt.
        2. Die Startinvestition der Nutzer*innen für den Einstieg in eine Plattform: Bei den meisten Produkten kann ich den Anbieter recht einfach wechseln, ein Topf z.B. ist ein Topf und funktioniert eigentlich so wie jeder andere Topf egal ob von WMF oder Noname. Einen anderen Topf von einem anderen Anbieter zu kaufen ist also recht einfach, ich als Nutzer*in habe vom Grund Produkt her also eine recht geringe bis gar keine Bindung zum Anbieter. Bei Plattformen ist das jedoch meist anders, beim Internet z.B. muss die Leitung „umgelegt“ werden oder bei Twitter muss ein Account angelegt werden. Für Endnutzer*innen ist auch hier die Startinvestition gering, doch bei Kunden die ihr Angebot auf der Plattform aufbauen ist das schon ganz anders. Wenn z.B. eine Firma ihren Online-Auftritt auf Mastodon(einer Twitter alternative) aufbauen will, dann muss sie dort nicht nur einen Account anlegen, sondern auch erst mal den Nutzen für sich mit herstellen, bedeutet sie muss darin Investieren dass die die ihr vorher her auf Twitter gefolgt sind ihr nun auf Mastodon folgen, das kann eine enorme Investition sein. Diese Eigenschaft kann man noch besser in der Software-Industrie sehen, hier ist es nämlich mit enormen Kosten Verbunden auf eine andere Technologie(kann hier als Plattform angesehen werden) zu wechseln, das zu tun würde nämlich bedeuten ganze Teile des Codes um zu schreiben. Diese Eigenschaft ist je nach Plattform und Kundengruppe stärker oder schwächer ausgeprägt, stellt aber einen entsprechenden Wettbewerbsnachteil für jedwede Konkurrenten zu etablierten Plattform-Produkten dar, der je nach dem sehr ausgeprägt sein kann.

        Und bei VTTs treffen alle 3 Dinge sehr ausgeprägt zusammen. Einerseits sind VTTs Plattform-Produkte, sie stellen nicht ein bestimmtes Regelwerk mit einem bestimmten Abenteuer zur Verfügung, sondern eine Plattform auf der eigenen Systeme und Abenteuer Aufgebaut werden können. Sie sind dabei nicht Interoperabel, sind also eine geschlossene Plattform. Dies gilt auch für Produkte wie D&D-Beyond. Ihr Nutzen für die Nutzer*innen hängt klar davon ab welche Systeme auf ihnen Implantiert wurden und für die die diese Systeme Implementieren hängt der Nutzen des VTTs von seiner Nutzer*innen-Zahl ab.
        Auch ist hier die Öconomie of Scale sehr stark ausgeprägt, ein VTT hat nur sehr geringe Flexkosten die mit der Nutzer*innen Zahl skalieren, desto mehr Nutzer*innen es also hat desto mehr Gewinne macht es pro Nutzer*in.
        Und hier ist auch die Startinvestition bei sowohl den Endnutzer*innen als auch den Content-Creatorn hoch bis sehr hoch. Erstere müssen ihre Kampagnen Unterlagen neu Implementieren, sich die Systeme neu Kaufen, etc. und letztere müssen einen ganz neuen Code schreiben.

        Als solches wird es ab einer bestimmten Konsolidierung auf dem VTT Markt sehr schwierig sein neue VTTs anzubieten und er wird in Richtung eines Monopols tendieren.

  9. Diese Podcastfolge sowie die aktuelle Umfrage, die die Verlage gemeinsam entwickelt haben, hat mir noch mal klar verdeutlicht, was mir eigentlich schon die ganze Zeit bewusst war: Pen-and-Paper-Rollenspiel ist – zumindest im deutschsprachigen Raum – nichts, mit dem man Geld generieren kann. Oder um es mal in der Sprache der „Höhle der Löwen“ zu sagen: „Das ist kein Investment Case für mich, ich bin raus!“ 😉

    Es gibt massenhaft Spielrunden, die mit ein wenig Erzählspielerei und einem Homebrew-System wunschlos glücklich sind. Oder die seit Jahren ausschließlich DSA 3 spielen. Denen ist völlig egal, ob sich die Rollenspielwelt weiterentwickelt… Und andere hingegen, benötigen überhaupt nicht die vielen Erweiterungen, Abenteuer, Quellenbände, sondern nur die wichtigsten Regelwerke und können damit ewig glücklich sein.

    Rollenspiel wird sich nie so weiterentwickeln, dass es später eine gewisse Abhängigkeit zu Abomodellen etc. erfordert. Das ist kein Auto, das regelmäßig Sprit braucht. Alles was man braucht, ist Kreativität/Fantasie. Und die gibt es gratis! Das nenne ich mal ein schei** Geschäft. Vielleicht noch ein paar Würfel dazu, ggf. ein paar Bücher etc. (lediglich für die Spielleitung!) … Das war es auch schon.

    Das nächste Problem (aus kommerzieller Sicht gesehen) ist, dass sich die gekauften Produkte sooooo lange halten. Und damit meine ich nicht nur das Regelwerk. Beispielsweise leite ich eine monatliche Cthulhu-Runde, mit der ich seit Oktober an einem Abenteuer aus dem Hause Pegasus spiele. Das Ganze zieht sich ordentlich in die Länge. Meine aktuelle Prognose ist, dass wir im Juni in etwa das Finale erreichen werden. Ein 3/4 Jahr Spielspaß aus einem Buch, das für ca. 20 Euro erhältlich ist (und zudem noch 4-5 weiterer solcher Abenteuer beinhaltet). Ja, vielleicht sind Rollenspielprodukte zu preiswert. Aber dann kommen wir wieder zu dem Problem, dass die Produkte einfach nicht gekauft werden, wenn sie zu teuer werden sollten – und man selber kreativ wird.

    Und gerade weil man so lange braucht, um all das zu spielen, was man spielen will (Stichwort „Pile of Shame“) muss man einfach auch eingestehen: Der Markt ist extrem gesättigt. Es gibt nur wenig, was es nicht gibt. Das Angebot ist höher als die Nachfrage. Aus kommerzieller Sicht ist das in der Tat kein attraktiver Markt.

    Und doch gibt es immer wieder Neuheiten auf dem Markt. Warum? Weil wir verrückt sind! 😉 Ja, das ist es, was Rollenspiel ausmacht. Der Motor der Rollenspielbranche ist Enthusiasmus und ein wenig Leichtsinn. Rollenspiel ist kein ernster Markt und wird es nie sein. Und das ist auch gut so. Abomodelle, Abhängigkeiten etc. haben wir im Leben zuhauf. Rollenspiel aber ist Eskapismus, Abschalten, Runterfahren, Nostalgie, Entschleunigung – für nur ein paar Stunden am Feierabend. Lass uns das nicht von ein paar geldgeilen Spinnern kaputtmachen. Lass uns stattdessen jene finanziell unterstützen, die uns trotz der verdammt niedrigen Gewinnaussichten mit der Droge „Rollenspiel“ versorgen. Die Kleinverleger, Übersetzer, Autoren, Illustratoren und Händler. Und die wissen, dass Rollenspiel nicht das mega Geschäft ist. Und sich trotzdem bewusst dafür entschieden haben, ihre Energie und ggf. sogar ihr Geld oder gar ihr Leben in dieses Hobby zu stecken. Ein ganz großes „Danke“!

  10. Ein Abo-Modell eines Verlages wäre denkbar, aber ich glaube das würde sich nicht für den Verlag rechnen. So tickt die deutsche Szene nicht.

    Dagegen könnte ich mir ein Abo bei einem Spielleiter vorstellen. Durch meine monatliche Spende könnte er Roll20 Premium, Spielbände und Strom bezahlen.

  11. Ich finde der Vergleich mit dem Stuhl in der Taverne hinkt.
    In unterschiedlichen analogen Rollenspielgruppen kann man auch gleichzeitig auf dem selben Stuhl sitzen und nichts voneinander wissen.

    Ich habe 3x Borbarad mindestens angefangen.
    Welche ist „wirklich“ passiert?
    Ist mir egal. Hauptsache in schönes Erlebnis gehabt.

    Jede zeitlich und/oder räumlich stattfindende analoge Rollenspielgruppe ist genau das gleiche wie unterschiedliche MMO-Server.
    Ich bin in einer meiner Borbarad-Kampagnen auch nie anderen Gezeichneten, oder auch nur Charakteren, anderer Spielegruppen über den Weg gelaufen.

    Hier gibt es keinen Unterschied zwischen digital und analog.

  12. Zur Diskussion um Kombinationen bzw. Kollisionen von Baroniespiel und Rollenspiel:
    In FoLLoW wird die gemeinsame Welt Magira in den unterschiedlichsten Formen simuliert: in Tabletop, Brief-/Baroniespiel, Rollenspielrunden, verschiedenen LARP-Formen, Hintergrund-Basteleien, Gewandung & Ausrüstung, und vielen vielen Geschichten. Viel analog (das Quartals-„Fanzine“ ist immer mehrere hundert Seiten dick), dann aber auch eine Menge digital v.a. in Koordination und Dokumentation (es gibt eine eigene Followpedia).
    Magira… irgendwo schon mal gehört… ?
    Midgard ist aus/in Follow entstanden, die Welt hieß vor vielen vielen Jahren sogar mal Magira. Und seit eben vielen Jahren (seit 1966) wird auf derselben Welt gespielt und diese weiterentwickelt. Es geht also viel unterschiedliches das trotzdem ineinandergreift, wenn man will…

  13. Seit langem mal wieder ein Podcast, der mich zum Kommentieren anregt, also gibt es einen langen Vortrag.
    Zwei Dinge sind mir vor allem aufgestoßen.

    Zum einen werden im Rahmen des Themas irgendwie Äpfel mit Birnen verglichen, an vielerlei Stellen.
    Die „Platzhirsche“ der Szene, vor allem solche auf internationaler Basis, können es sich möglicherweise leisten, eine technische Unterstützung anzubieten, die über einen selbstrechnenden Charakterbogen hinaus geht.
    Andere, kleinere Verlage (und da fangen wir in Deutschland wohl schon jenseits von Pegasus und Ulisses an) werden eine solche Unterstützung normalerweise nicht anbieten können, weil es einfach eine Frage der vorhandenen Kapzitäten und Fähigkeiten darstellt, ob ein Angebot zu realisieren ist.
    Aus IT-Sicht (ich komme aus der Branche) sind einige der im Podcast „geforderten“ Unterstützungen zudem nur mit erheblichem Aufwand (sowohl in der Erstellung als auch in der Wartung bzw. Aufrechterhaltung des Betriebs) zu gewährleisten.
    Daraus ergibt sich die Frage, ab wievielen Abonnent:innen sich dieser Aufwand rechnet, und ich denke, jenseits der großen Spiele dürfte dies nicht der Fall sein (es gibt einfach nicht genug Spielende für „Private Eye“ oder „Dread“).
    Wenn also irgendwann eine Erwartungshaltung entsteht, dass ein Verlag eine technische Unterstützung des Spiels bereitstellen muss, so wird dies den kleinen Herausgebern und ihren Produkten schaden, die eben dies nicht machen können, aber aus meiner Sicht sehr viel zu einer lebendigen und angenehmen Szene beitragen.

    Zum anderen wurde bei eurer Diskussion sehr viel über Menschen und Spielstile gesprochen, die Spaß daran haben, lange Kampagnen zu spielen sowie kompetitives und gamistisches Spiel bevorzugen („Wow! Ich kann leveln und allen zeigen, was ich für ein Hrsch bin!“).
    Nun gibt es aber auch viele Nicht-Kampagnen-Modelle des Rollenspiels (zum Beispiel die klassischen One-Shots bei Cthulhu), und man muss auch den „Gelegenheitsspieler“, der sich ein Spiel besorgt, um es dann zu spielen, wenn er Zeit und Lust hat, berücksichtigen.
    Viele Spiele in meinem Schrank oder auf meiner Festplatte werden erst nach Jahren hervorgeholt, zu einem Zeitpunkt, wenn ein Abo-Modell für diese Reihe vermutlich schon lange tot und begraben ist.
    Ich wäre daher an einem Spiel, das möglicherweise nur dann funktioniert, wenn ich online auf irgendwelche Ressourcen zugreifen kann, in keinster Weise interessiert, und schon gar nicht, wenn es sich letztendlich in eine Computerspiel-Richtung entwickelt, wie im Podcast prognostiziert.

    Nennt mich alt (und ihr hättet Recht), aber ich ziehe Rollenspiel und auch Brettspiel auf eine Art und Weise vor, in der ich selbst bestimmen kann, wann ich was spiele und in welcher Umgebung, als dass ich mir von einer Firma vorschreiben lasse, wann ich was spielen kann und wann nicht mehr (was auch der Grund ist, dass ich keine Brettspiele kaufe, die nur mit App-Unterstützung funktionieren).
    Unterstützung durch Apps oder Online-Umgebungen nehme ich gerne an, aber es sollte nicht zum entscheidenden Faktor des Spiels werden und vor allem immer nur eine Hilfestellung sein, nie eine Voraussetzung.

    Und bevor ihr fragt, ja, ich kaufe noch Blu-rays und MP3-Dateien oder CDs, aus den gleichen Gründen, obwohl ich (zumindest beim Video-Streaming) eine große Bandbreite zur Auswahl habe.
    Ich möchte den Zugriff haben, wann ich will, und viele Sachen, die ich sehen oder hören möchte, stehen auf Streaming-Plattformen nun mal nicht oder nicht dauerhaft zur Verfügung.
    Und das ist mir dann auch das Extra-Geld wert.

    • Vielen Dank für den tollen Beitrag!

      Ich bin da ganz auf deiner Seite, merke aber, wie sich gewisse Convenience-Gewohnheiten bei mir einfach einschleifen.

      Bestes Beispiel: Steam

      Als leidenschaftlicher Videogaming-Gourmet (Euphemismus für: verdackelter Vollzocker) hätte ich mich im identischen Wortlaut wie du zur Virtualisierung der Computerspiele geäußert.

      Mittlerweile verschwende ich jedoch keine Sekunde der Skepsis mehr daran, mir irgendwelche Spiele über eine Plattform als reinen Download zu kaufen. Nicht nur, dass die Convenience-Vorteile den Verzicht auf die Pappschachtel, die meinen Schrank vollmüllt, massiv überwiegen, sondern ich erkenne darüber hinaus, dass mir meine Spielesammlung in Form des Spielebacklogs in der Steam-Library einfach nichts gibt. Denn: 95% aller Spiele fasse ich nach einer gewissen Ablagerungszeit einfach nie mehr an. Da könnte ich dann auch genauso gut die Pappschachtel auf den Müll schmeißen, wenn ich denn noch eine hätte. Konkret auf diese Spiele bezogen nützen mir umfassendere Besitzrechte einfach rein gar nichts, ich würde sogar so weit gehen zu sagen: Diese Besitzrechte werden möglicherweise generell überschätzt.

      Klar, meine altsteinzeitliche Hoarder-Seele zuckt da ein wenig, so wie sie wohl in jedem Menschen stärker oder weniger stark zuckt, aber „objektiv“ ist die Entkoppelung von physischen Erscheinungen auf der einen Seite und Besitzrechten auf der anderen Seite möglicherweise einfach nur eine Verbesserung.

      Dennoch lehne ich die Aboisierung des Rollenspiels freilich genauso ab wie jeder andere Kommentator hier. 😀 Aber es ist ja nicht meine Entscheidung.

      • Computerspiele liegen ohne Computer aber auch nutzlos im Regal – da ist es keine übermäßig große Veränderung, sie nur noch digital und nicht mehr (auch) auf einem physischen Datenträger zu besitzen.
        Damit man die spielen kann, muss man sie ja eh auf den Rechner bringen und oft genug braucht man den Datenträger, auf dem das Spiel geliefert wurde, dann auch überhaupt nicht mehr (doofe Kopierschutzmodelle u.Ä. mal außen vor).

        Andersrum lege ich auch bei rein digital bezogenen Spielen Wert darauf, dass mir der Hersteller nicht nachträglich blöd dran rumfummelt (was unterm Strich meine Auswahl massiv einschränkt) und bei den (sehr) alten Spielen, die ich immer noch oder wieder spiele, ist es mir dann sehr wohl ein Bedürfnis, die in spielbarer Form auf so viele Datenträger zu verteilen, dass sie mir nicht irgendwann mit der aktuellen Maschine abrauchen und nicht mehr verfügbar sind.

        Da liegt dann halt keine Originaldiskette im Regal (die wohl mittlerweile auch so langsam nicht mehr lesbar wäre und davon ab auch eine Herausforderung in Sachen Lesegerät darstellt), aber eben eine Backup-Platte und ein USB-Stick in der Schublade. Spielt ja keine Rolle, ob dann noch andere Sachen drauf sind; jedenfalls ist der Kram so dem Zugriff irgendwelcher „…as a service“-Spinner entzogen und auch dann noch da, wenn irgendein Anbieter meint, das eben nicht mehr anzubieten.

  14. Danke für die sehr schöne Folge mit einer Menge an Denkanstößen.
    Zur Frage nach den Living Campaigns:
    Torg, in der alten Inkarnation von West End Games aus den 1990ern, hatte eine Living Campaign. In den Abenteuern waren Fragebögen zum Ablauf in der Spielrunde mit Fragen wie „Hat die Gruppe das Ziel … erreicht“, „Hat der NPC … überlebt“. Diese konnte man nach dem Spiel mit der Gruppe ausfüllen und an WEG zur Auswertung zurückschicken, was dann Auswirkungen auf den Metaplot haben sollte.

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