Der ganze Schrank steht voller Regelsysteme, die allesamt im Kern das Gleiche tun: Fiktive Figuren und ihr Handeln in einer ausgedachten Welt zu modellieren. Wie sinnvoll ist der Besitz von 75 verschiedenen Regelsystemen? Sind Universalsysteme in der Lage, den Wildwuchs im hegelianischen Sinne aufzuheben und einen Mehrwert erzeugen?
Cast: Martin, Carsten, Michael Länge: 49:50
Inhalt:
01:55 Was sollen Regeln im Rollenspiel in erster Linie leisten?
13:12 Universaler Schutz: Wer im Studio trägt einen wattierten Waffenrock?
23:05 Regelsysteme mit „universalem Anspruch“? Ist das überhaupt möglich?
26:16 Universalsysteme als linderndes Pflaster für grottige Spezialsysteme?
31:53 Warum nicht einfach das eigene Lieblingssystem zum Universalsystem deklarieren?
34:36 Universale Unmengen an Text: GURPS hat zehn Millionen Seiten, wenns reicht!
37:07 Konvertierungen als Gradmesser für den Erfolg oder den Misserfolg von Systemen
Geschenkaktion: Loote den Eskapodcast! (detaillierte Teilnahmeregeln)
Geschenke: Dread (System Matters)
Mäzenatin: Tanja (Emporion of Games)
Beschreibe uns in den Kommentaren bis zum 12.02.2021, 24 Uhr deine Einstellung zu und deine Erfahrungen mit Universalsystemen Universalsystemen. Hast du einen Liebling oder ein besonders ungeliebtes System?
Links:
Eskapodcast 123: Vom Stellenwert der Regeln
Eskapodcast 71: Fate – das Wunderkind des Rollenspiels?
Eskapodcast 41: Savage Worlds: Fast, Furious, Fun?
Eskapodcast 109: Elefantismus im Rollenspiel
Ubiquity
Broken Compass
Gumshoe
Powered by the Apocalypse
GURPS
Beschreibe uns deine Einstellung zu und deine Erfahrungen mit Universalsystemen. Hast du einen Liebling oder ein besonders ungeliebtes System?
Ich spiele seit Ende der Neunziger GURPS, weil es das System des damaligen SL war und ich hatte vorher wegen der hohen Qualität der Quellenbücher einige von ihnen schon gekauft. Ich habe inzwischen alles von GURPS 3. Edition geholt, was ich kriegen konnte. und obwohl es inzwischen auch seit 2004 eine vierte Edition gibt, sind wird der dritten Edition treu geblieben.
Weil GURPS wie erwähnt viele, wirklich sehr viele Hintergründe und Genres anbietet, bin ich dem System treu geblieben. Es bietet die gesamten Zeitlinie von Dinosauriern bis High End SciFi. Aber eben auch alle erdenklichen Genres an (von sprechenden Tieren, wie in Watership Down bis pure Energiewesen im Zentrum des Universum). Es gibt für diverse irdische Kulturen Quellenbücher mit Verweis auf deren Mythologie und Umsetzungen von einigen Romanen für das Rollenspiel. Man kann in Larger than Life- Superhelden oder realistische, verletzliche Figuren in HighFantasy, Dark-and- Gritty, Hollywood-Action spielen und für alles Regeln und Denkanstöße.
Des Weiteren gibt es Regelumsetzungen für vieles vom Ochsenkarren, über den Dampfzug bis zur Zeitreisen und diversen Arten von Magie.
Mein GURPS -Bücherstapel ist 140 cm hoch. GURPS hat einen einfachen Regelkern und viele Modifikatoren* und recht viele Würfe zu würfeln. Das muss man mögen, aber für Menschen die regellastige Systeme mögen, kein Problem.
Das sollte die zweite Frage beantwortet halb beantwortet haben.
*vermutlich das, was Außenstehende als großes Regelsystem mißverstehen.
Ein Universalsystem, dass ich nicht mochte, war die erste Version von Twilight 2000, dass auch in Cadilliacs & Dinosaurs genutzt wurde, der NAme ist mir entfallen.
Welche Erfahrungen hast Du mit den Universalsystem…..
Als Spieler ist es sehr angenehm, dass wir beim Genrewechsel nur kurz die Spezialregeln nachschlagen müssen, und dann gleich loslegen können, weil die Grundregel für die Reiten im Western und Reiten auf dem Hooverbike doch sehr ähnlich sind. Pfeil und Bogen oder Plasmakanone …regeltechnisch gleich…., Streitwagen im Circus Maximus oder Sternenzerstörer … alles gleich…. ok nicht ganz, aber das Prinzip ist gleich, man muss nicht gleich neue Regelsysteme lernen.
Als SL kommt man nicht ganz so leicht davon, aber das man prinzipiell die gleichen Regeln und Prinzipien nutzt erleichtert doch einiges.
Ich habe in den letzten Dekaden immer noch neue RSP-Systeme gelesen, aber immer nur noch als Ideensteinbruch. Ein Abenteuer wird für die Ideen und Handouts gekauft, die Regeln werden umgemodelt. Es ist egal, ob ein Ork nach DSA oder GURPS Regeln der Gegner ist.
Ich sehe auch auch aus Sicht der Verlage und Communities eine Tendenz Universalsysteme zu verwenden, die dem jeweiligen Hintergrund angeglichen werden: Free League hat ja ein System, mit dem sie jetzt diverse Genres bedienen. Zwar gibt es noch kein eigenes MYZ Regelwerk als genreloses Regelwerk, aber inzwischen kann man SciFi (Alien, Coriolis ), Endzeit (Twillight 2000,Mutant : Year Zero), Horror(Vaesen), Cyberpunkt (Bladerunner), Fantasy (the one Ring) jeden bekanntes Genre spielen und ein ein paar unbekannte.
Fate, DungeonSlayers, PtbA, Cypher, Savage Worlds und einige mehr geben ja ihre Systeme für freie, lizensiere oder sonstwas zu Nutzung, so dass jeder seinen Quellenbuch schreiben kann, aber es die bekannten Regeln nutzen kann.
Ich werde vermutlich nicht mehr das Systemwechseln, aber wenn, dann nur zu einem anderem Universalsystem.
Ich spiele seit über 30 Jahren DSA und bin mit Universalregeln erst im letzten Jahr in Kontakt gekommen (Savage Worlds). Ich finde es sehr praktisch, mit einem recht vereinfachten System zu spielen um mehr oder minder jedes Setting damit bespielen zu können – zumindest oberflächlich. Man kann zügig damit sehr viel Spaß haben. DSA würde ich nicht mit Universalregeln spielen. Da würde mir einiges an Tiefe und Möglichkeiten fehlen. Zudem würfle ich einfach zu gerne meine 3W20.
Aber wenn es darum geht Neulingen das Hobby Rollenspiel näher zu bringen, ist es von Vorteil, wenn man auf ein einfaches System zurückgreifen kann.
Einfach nur andere Settings bedienen zu können, ist keine große Hürde.
Das kann praktisch jedes System, ob das nun so gewollt ist oder nicht* (und in diesem Zuge verstehe ich auch i.d.R. nicht, was die „gute Verzahnung“ eines Systems mit seinem „richtigen“ Setting ausmacht).
Ein möglichst universelles System muss nicht nur verschiedene Settings bedienen können, sondern verschiedene Genres und Spielstile (!), d.h. der Regelkern muss entsprechend änderbar sein, was Umfang und Ausrichtung angeht.
Das beißt sich natürlich mit dem Anspruch, nur ein (einfaches) System lernen zu müssen und dann für alle Zeiten bedient zu sein – je nach Kombination und bevorzugtem Crunch-Level ist der Umfang einer GURPS-Anpassung so groß, dass man auch ein leichtes bis mittelschweres Spezialsystem hätte lernen können…
*Und wenn gefühlt jeder auf dem Planeten eh schon D&D5 kennt, kann man sich als aufstrebender RPG-Autor natürlich einfach an dieses System dranhängen und so immerhin schon mal vermeiden, dass potentielle Spieler das eigene Spiel aufgrund des Systems nicht spielen wollen.
An der Stelle noch mal zum Thema Marktmacht, OGL und „warum erst mit D&D5?“ – Leute, echt jetzt…denkt doch mal an die D20-SCHWEMME!
Das war genau die selbe Aktion wie jetzt mit der 5. Edition und es endete genau wie man es absehen konnte, nämlich mit einer Flut von Scheiße, unter der die paar guten Produkte verschüttet wurden.
Da kommt D&D5 auch noch hin…
Zur eigentlichen Frage:
GURPS 4 nehme ich gerne, allerdings nicht für alles – obwohl es im oben angeklungenen Sinne variabler ist als andere Systeme, kann es beileibe nicht alles bzw. nur mit so viel Aufwand, dass man dafür dann auch andere Systeme nehmen kann.
Wenn mir GURPS zu viel Gefuddel ist, nehme ich meistens Mongoose Traveller 2nd. Das ist zwar „offiziell“ kein Universalsystem, aber das ursprüngliche Traveller war durchaus als Werkzeugkasten gedacht und MongoTrav 2nd sieht sich selbst auch in dieser Tradition. Also ein halbes bis dreiviertelses Universalsystem 😉
Sehr guter Punkt, die Dreiteilung von Setting, Genre und Stil.
Ich bin großer Freund des White Wolf Storytelling Systems, das quasi für alle WoD Systeme genutzt wurde. Das System unterstützt genau meinen Spielstil.
Meine letzte KULT Runde habe ich kurzerhand entsprechend konvertiert.
Das Schöne an „universalen“ Systemen ist die Tatsache sich nicht jedes Mal wieder groß in neue Regeln eindenken zu müssen. Man startet direkt in medias res.
Insb. wenn man eher Wert auf Story, als auf Simulation legt, ist das ein großes Plus.
Ein universales System macht Sinn, falls ich Lust verspüre mehrere verschiedene Setting zu bespielen, ohne mich jedesmal auf viele neue Regeln einzustellen oder falls ich mit dem System meines Favoritensettings so unzufrieden bin.
Allerdings muss dafür ein System nicht notwendigerweise universal sein, sondern hinreichend anpassbar an die Anforderungen des Settings und Spielstil der Runde.
Das klappt natürlich mit dem einen oder anderem System besser, somit macht es auch Sinn verschiedene „universale“ Systeme auf dem Markt zu haben.
Meiner Einschätzung nach besteht die größte Problemstelle in der Umsetzung von Magieregeln für ein Universalsystem.
Als großer Fan von Fate ist diese Folge natürlich eine Steilvorlage für mich. Ich bin sehr mit Fate zufrieden (aus Gründen, die ich schon mehrfach nannte) und verwende es für fast(!) alles.
Man beachte das Wort „fast“. Auch ich als begeisterter Fate-Spieler und -SL gebe offen zu, dass Fate nicht alles kann, wie jedes Rollenspiel nicht alles kann. Aufgrund der Spielerermächtigung ist vor allem kosmizistischer Horror ein Problem. Dafür ist Cthulhu einfach deutlich besser. Das ist Evil Hat (dem Verlag) auch sehr klar, weshalb Fate of Cthulhu offen auf Pulp ausgelegt ist.
Das bringt mich zum BRP, dem System hinter Cthulhu. Wie viele Cthulhu-Fans schaute ich mir auch das BRP mal an. Wer das tut, merkt sehr schnell: Das BRP ist eigentlich ziemlich schlecht, seine massiven Macken fallen nur im Spezialfall von Cthulhu nicht ins Gewicht.
Auch GURPS spielte ich schon öfter. Das ist nicht unbedingt mein Lieblingssystem, auch wenn die Quellenbücher dazu der Hammer sind.
Was man GURPS auch zugestehen muss, ist, dass es überraschend gut gebalancet ist. Das ist eigentlich unmöglich bei simulierenden Universalsystemen. Man kann keinen allgemeingültigen Punktwert von Charakterfähigkeiten festlegen. Intelligenz ist heute wichtiger als im Mittelalter. 1350 wäre Stephen Hawking nicht lebensfähig gewesen, in unserer Zeit war er sehr erfolgreich. Seinem Built einen festen Punktewert zu geben, ist offenkundiger Unfug. Dafür, dass es unmöglich ist, ist GURPS sehr gut darin.
Was GURPS auch zeigt, ist, dass der typische Knackpunkt von Universalsystemen die Magieregeln sind. Weil es Magie nicht in der Wirklichkeit gibt, haben wir einfach keinen gemeinsamen Standard, der die Systeme halbwegs beieinander hielte. Deshalb hat GURPS gefühlte 100.
Ich finde aber auch nicht alle Universalsysteme gut. Meine Abneigung gegenüber Savage Worlds ist ja aktenkundig. So richtig auf den Wecker geht mir aber ein anderes Universalsystem: D&D in Form von d20 und 5e.
Ich mag D&D, erstrecht die 5. Edition. Aber D&D ist einfach ein sehr spezielles System. Und das als Universalsystem zu verwenden, tut einfach nur weh und ist in den allermeisten Fällen nicht geeignet. Trotzdem gab es zur 3. Edition und gibt es jetzt zur 5. Edition eine wahre Schwemme von Mist.
Ich würde aber YY hier klar widersprechen: 5e wird d20 in Punkto Mist nicht überholen, es ist schon längst viel weiter. Aufgrund des Erfolgs von D&D bei Neulingen (und des Einstiegs durch die Actual Plays), sowie der Aufarbeitung dieses Aufschwungs durch die amerikanischen Medien erleben wir eine ganze Sparte von Rollenspielern (vor allem in den USA), denen ehrlich nicht bewusst ist, dass es etwas neben D&D gibt. Die halten entweder D&D für das einzige Rollenspiel oder halten es nicht für lohnenswert, sich etwas anderes auch nur anzusehen.
Und es gibt eine wachsende Anzahl von 5e-Produkten, die D&D komplett umbauen, um einen Geschmack abzudecken, den ein anderes System eher getroffen hätte. Oft merken das die Autoren selbst nicht einmal, weil sie in derselben Filterblase hängen. Und ich denke dann: Mit der Hälfte des Aufwands, hättet ihr doppelt so viel Spielfreude, wenn ihr nur wüsstet, dass es Fate/Savage Worlds/Hillfolk/Earthdawn/DSA gibt.
Das finde ich einfach nur traurig, wie viel Spielfreude hier durch das Monopol verhindert wird. Und das ist bei Weitem kein Randphänomen. Die 2. Edition von The One Ring hat über 1 Millionen Euro im Crowdfunding gesammelt und bringt trotzdem noch eine 5e-Version heraus. Das ist das Niveau, auf dem man sich heute vor dem faden Einheitsgeschmack rechtfertigen muss, wenn man kein 5e macht.
Wo wir gerade von d20 reden und ihr in eurer Folge auch darauf eingingt: Regeln kann man nicht urheberrechtlich schützen. Man kann Spielenamen und sehr spezifische Begriffe markenrechtlich schützen und Spielinhalte mit Schöpfungshöhe können unter das Urheberrecht fallen (Betrachter zum Beispiel gehören WotC), aber niemand braucht eine Lizenz, um die D&D-Regeln zu verwenden. Die Lizenz erlaubt das Nutzen des 5e-Logos. Das ist eine ganz andere Sache.
Joah, dass Sachen auch als D20-Variante rauskamen, gabs ja damals auch – die sind dann i.d.R. dankbarerweise krachend gescheitert und das Original blieb bestehen (z.B. im Fall von Deadlands Classic).
Heute hat das tatsächlich viel eher eine Chance, wobei mich weniger die Doppelveranstaltungen ärgern – da kann ich die 5e-Ausgabe ja ignorieren – als die („Einzel-„)Projekte, die für mich spannend aussehen, bis ich irgendwo das 5e-Logo oder sonst einen Verweis auf D&D5 sehe und mein Interesse schlagartig erlischt.
Da müsste man noch nicht mal auf andere bekannte Systeme zurückgreifen. Ich habe nichts gegen proprietäre Systeme, so lange die halbwegs was taugen, und es macht mir im Gegenteil auch heute noch Spaß, mich in ein neues System einzuarbeiten.
Ich spiele seit fast 30 Jahren mehr oder weniger regelmäßig das Hero-System als Universalsystem. Wir haben „Hero“ in verschiedenen Settings gespielt, im Superheldengenre, hier als Champions in Deutschland vermutlich noch am bekanntesten, aber auch mit Pulp-Hintergrund (Justice Inc), Agenten (Danger International) oder auch in diversen Fantasy-Settings, die auch aus Welten anderer Spiele entlehnt wurden. An der Idee des Universalsystem habe ich immer geschätzt, die mir vertrauten Mechanismen in den verschiedenen Settings wiederzufinden. Das hatte für mich immer das Gefühl, mich auch in neuen Settings recht schnell zur recht zu finden und ein gewisses Gefühl von „zu hause“ in den Regeln zu haben. Natürlich wird ein Universalsystem besonderen Situationen nicht immer so gerecht, wie es ein speziell auf eine Welt oder eine Erzählidee zugeschnittenes System kann. Dafür habe ich aber auch nicht das Gefühl, ständig mit Sonderregeln konfrontiert zu werden, die nur für wenige Situationen Anwendung finden können. Zusammengefasst bin ich ein Freund von Universalsystemen. Gerade steige ich auch bei Savage World ein und finde es auch hier positiv, Dinge, die ich hier kennen lerne bei Bedarf auch in anderen Settings zum Einsatz bringen zu können. Danke für den Podcast und weiter so!
Das Problem mit den verschiedenen Systemen ist, dass ich mir ein schönes aussuchen kann, so lange der Spielleiter seine Abenteuer selbst schreibt.
Wenn ich aber gekaufte Abenteuer und Module verwenden möchte, dann ist es sehr schwierig, die an ein System anzupassen, für das sie nicht geschrieben wurden.
Die NSC-Magier haben dann auf einmal Zauber, die es im anderen Regelsystem gar nicht gibt, um nur ein Beispiel zu nennen.
Wer also Silvana befreien möchte, tut das einfacher nach DSA-Regeln.
Wenn ich meine Abenteuer selbst schreibe, dann habe ich die Wahl, welches Regelwerk ich nutze. Das kann, muss aber kein Universalsystem sein.
Die große Stärke von GURPS & Co kommt zum Tragen, wenn man Crossover spielen möchte, z.B. Zeitreiseabenteuer oder, wenn die SC durch ein magisches Portal schreiten und in einer völlig anderen Welt landen.
Oder natürlich, wenn man gerne einfach so ab und zu das Genre wechselt und nicht jedesmal neue Regeln lernen möchte.