Schwelgend und schwärmend den Blick zurückschweifen zu lassen an die Gestade längst vergangener Tage – fast jeder Hobbyist hat einen lieb gewonnenen Schatz der Erinnerungen. Was ist dran am Glanz vergangener Abenteuer? Wieso brennen sich die alten Tage unvergesslich in die Seele? Ist die romantische Verklärung der altgedienten Recken, von der unser Hobby stark profitiert, vielleicht trügerisch?
Cast: Martin, Richard, Carsten, Holger Länge: 00:49:45
Inhalt:
03:54 Magie in der echten Welt: Krimskrams, Ramsch und andere Artefakt der Nostalgie
10:45 der Blick zurück als Blick in den Abgrund: von den Risiken der Verklärung
20:20 Silberücken mit Rücken rücken zusammen: die Nostalgiewelle im Rollenspiel
26:28 OSR, mit freundlichen Grüßen, die Welt liegt uns zu Füßen, denn wir steh’n drauf!
35:45 Ist RSP genuin nostalgieorientiert, weil es mittlerweile antiquiert ist?
40:14 ausschlachten, kürschnern, über den Kamin hängen: Nostalgie produktiv nutzen!
Geschenkaktion: Loote den Eskapodcast! (detaillierte Teilnahmeregeln)
Geschenke: DCC – Dungeon Crawl Classics Grundregelwerk (Goodman Games)
Mäzenatin: Tanja (Emporion of Games)
Beantworte in den Kommentaren bis zum 13.04.2019, 24 Uhr, die folgende Frage: „Wie stark verbindest du Rollenspiel mit Nostalgie? Was ist deine nostalgischste Erinnerung im Bezug auf Rollenspiele?“
Links:
Ghostbusters 3 (Teaser)
Stranger Things (Netflix)
Kaiser Reto
Kaiser Retro-Box (Das Schwarze Auge)
Rollenspieltitan Werner Fuchs im Interview Teil 1 und Teil 2 (Pflicht-Folgen für jeden Rollenspieler!
Stars without Numbers
Dungeon Crawl Classics (System Matters)
Nostalgische Rollenspiel-Illus in der Dia-Show
World of Darkness 20th Anniversary
Um ehrlich zu sein habe ich für diese Nostalgie-Welle nicht viel übrig.
Ich bin schon 35 Jahre dabei und sicherlich gab es in den Anfangstagen ein paar tolle Momente, an die ich mich gern zurückerinnere. Die kommen aber so nie mehr wieder, da bin ich mir ganz sicher.
Und trotzdem kann ich aus meinen jüngeren Erfahrungen heraus sofort mindestens vier absolut bahnbrechende Rollenspielerlebnisse der letzten fünf Jahre erzählen und ich glaube auch nicht, dass das aufhört. Das Rollenspiel entwickelt sich weiter und mit ihm auch mein Spiel. Dadurch kommt es zu neueren und ganz anderen großartigen Momenten. Ich will jedenfalls viel eher nach vorn: Grenzen ausloten, neue Regelideen auf mich wirken lassen, neue Settings ausprobieren, Sachen spielen, die noch nie gespielt worden sind.
Zurück zu den Goldmünzen, Fackeln und Gangsystemen? Muss ich nicht unbedingt haben.
Das hört sich prima an! Kannst Du uns vielleicht eines dieser jüngeren bahnbrechenden Rollenspielereignisse erzählen? 🙂
Das ist natürlich sehr subjektiv… andere Rollenspieler mögen diese Erfahrungen vielleicht schon viel früher als ich gemacht haben. Trotzdem hier ´mal meine Highlights:
1. Wow! Es gibt Rollenspiele, die wollen gar keine wie auch immer geartete fiktive Realität simulieren! (mein Fate Erlebnis).
2. Bei Systemen mit minimalen Regeln kann ich als Spielleiter meinen Spielern viel besser zuhören und bin auch besser im Phantasieren und Improvisieren (mein Itras By Erlebnis).
3. Rollenspiele ohne Spielleiter: das Spielgefühl ist ein anderes, aber in meinen Augen mindestens so faszinierend wie beim Spiel mit Spielleiter (mein Fiasko Erlebnis).
4. Alternative Konfliktresolutionen: Wenn du ein bisschen Ungewissheit haben möchtest, dann frag´ einfach deine Mitspieler, wie´s weitergeht! (mein Okult Erlebnis… der Klopper!)
Danke Aaron! Zumeist beziehen sich Deine bahnbrechenden RSP-Erlebnisse ja auf neue Spielformen! Itras By höre ich zum wiederholten Mal – das sollte ich mir unbedingt mal ansehen!
Was mich jetzt noch unheimlich interessiert ist natürlich das 4. okulte Erlebnis – wie lief das genau (technisch) am Spieltisch ab?
Okult ist auch ein Rollenspiel ohne Spielleiter. Für die Momente im Spiel, an denen die Frage aufkommt, ob irgendetwas gelingt oder nicht, wie es denn gelingt oder was eigentlich außerdem noch geschieht… gibt es in dem Spiel nur eine Regel: „Frag´ deine Mitspieler!“ Das hört sich banal an, aber bei uns hat es unglaublich gut funktioniert. Warum?
Du kannst solgane erzählen, wie dir etwas einfällt und du Spaß dran hast. Wenn du unsicher wirst, nicht mehr weiter weißt oder ein bisschen Spannung brauchst, gibst du die Kontrolle ab und stellst einfach ein Frage.
Die Frage geht an jeden, also kann auch jeder die Handlung mitbestimmen (muss aber nicht). Wir hatten dadurch eine Konzentration am Tisch, wie schon lang nicht mehr.
Die gefragten Mitspieler haben bei uns versucht, Entscheidungen zu treffen, die für die Fortsetzung des Spiels möglichst spannend sind. Bei uns ergab das eine sehr schöne, gruselige, intensive Horrorstory.
Übrigens handelt es sich bei der in der Episode erwähnte Stranger Things-Box nicht um D&D 1E-Produkt, sondern um ein weiteres Einsteigerset für die 5. Edition (nur der Look der Box selbst erinnert sich die Basic D&D-Boxen).
Vielen Dank!
Was Rollenspiele angeht, geht es mir wie Martin: An meine „große“ SR2-Zeit habe ich sehr diffuse, sozusagen breit angelegte nostalgische Erinnerungen. Natürlich gibt es da auch die eine oder andere konkrete Anekdote, aber das eigentliche Nostalgiegefühl bezieht sich eher auf den gesamten Zeitraum als rollenspielerische Hochphase.
Als nostalgisch(st)e Einzelerinnerung nenne ich hier mal unsere erste Runde Millennium’s End (da ist es schon wieder ;)) im Hinterzimmer der Dorf-Apotheke (damals geführt durch den Vater unseres SL). Da kommt vieles zusammen: Ein Regelwerk, das für uns neu war und direkt gut gepasst hat (auch als Parallelveranstaltung zum heißgeliebten SR(2), die in eine ähnliche, aber doch spürbar andere Kerbe schlug) sowie die zugehörige Mischung aus altvertraut und neuem Impuls, eine reibungslos funktionierende Gruppe etc.
Und genau in die Kerbe kann ich dann auch schlagen, wenn das Thema „Früher war alles besser“ aufkommt: Sowohl mit Konvertierungen als auch tatsächlich mit den gleichen alten Regelwerken hatte ich in jüngerer Vergangenheit Runden, die dem alten Spielgefühl in nichts nachstanden – sowohl mit den gleichen Leuten als explizite „Mal wieder so spielen wie früher“-Veranstaltung wie auch mit neuen Spielern.
Speziell in rollenspielerischer Hinsicht heißt das für mich, dass es damals „nur“ genau so gut war wie heute (auch wenn es natürlich wie in der Folge angesprochen mit steigendem Alter immer mehr „richtige“ Vergangenheit gibt als Grad-so-nicht-mehr-Gegenwart und das die Wahrnehmung schnell mal verzerrt).
Gleichzeitig muss ich an der Stelle den missmutigen alten Sack machen: An aktuellen Rollenspielen passt mir vieles nicht, etwa die schwedische „Designschule“ von Fria Ligan oder die große Welle halbnarrativer Systeme wie 2d20 oder FFGs Genesys, aber auch das Haussystem von Wrath & Glory. Das betrifft dann schon einen ganzen Schwung neuer Systeme, denen ich nicht viel abgewinnen kann…
Dementsprechend nutze ich einige richtig alte Systeme weiter, aber auch welche, die „quasi-retro“ sind wie z.B. Warhammer 4 oder Mongoose Traveller 2nd. Das sind also keine hundertprozentigen Retro-Sachen im Sinne der OSR, aber sehr wohl Systeme, die sich ihrer Geschichte deutlich bewusst sind, an Bewährtem festhalten und natürlich auch bewusst bei der Kundschaft auf das Nostalgiezentrum einwirken sollen.
Im Rollenspiel funktioniert das wenigstens und wird öfter mal recht kompetent gemacht. Bei Filmen oder Soundtracks ist das wesentlich seltener. Da bin ich überzeugter grantiger alter Sack und sage: Ja, da war früher wirklich vieles besser. Woran das gerade bei den Filmsoundtracks liegt, vermag ich nicht zu sagen, nehme das aber auch so wahr wie im Podcast angesprochen. Was die Filme selbst betrifft: Bei manchen wird wohl aufgrund der Produktionsumstände, der Franchise-Vorbelastung und der heutigen Strukturen im Filmgeschäft nie ein gleichwertiges Remake entstehen können. Z.B. ein Conan der Barbar, ein Terminator 2 oder die Herr der Ringe-Trilogie lassen sich nicht auf Kommando wiederholen – im Gegenteil lässt sich mMn argumentieren, dass eine richtig runde Wiederauflage strukturell fast schon ausgeschlossen ist. Um so mehr ärgern mich dann uninspirierte Remakes, die nicht mal ansatzweise an das Original heranreichen und außer leichten Nostalgiezuckungen nichts zu bieten haben. Aber eigene Ideen hat man im Filmgeschäft wohl auch keine mehr…da ist gefühlt seit einigen Jahren deutlich Flaute mit sehr wenigen nennenswerten Highlights.
Und noch mal kurz zurück zum Rollenspiel, nämlich mit dem Thema Rocket Beans:
Da fühle ich mich öfter mal in die Vergangenheit zurück versetzt, und zwar bei der dort gezeigten Spiel- und Leit-Weise. Die verbinde ich nämlich mit meinen Anfangszeiten, über die wir uns glücklicherweise recht schnell hinaus entwickelt haben – und um so mehr ärgert es mich, dass jetzt so viele Neulinge mit diesem Schmarrn als Standard und Erwartungshaltung herangezogen werden. Das ist ganz entschieden nicht „state of the art“, sondern quasi versehentlich Retro-Rollenspiel der schlechten Sorte, nämlich in der Form, dass man Sachen als gefühlten Standard und Erwartungshaltung etabliert, die mMn nicht gerade zu den „best practices“ gehören.
Ich fand es schön und wichtig, dass mitten in der Diskussion auch noch schnell der Fall erwähnt wurde, dass ein neuer tendenziell interessierter und aufgeschlossener Spieler in eine Gruppe aus Veteranen kommt und diese dann ständig über ihre alten Erlebnisse und gemeinsamen Abenteuer reden. Das ist mir auch schon mehrmals so gegangen. Natürlich ist das nicht schön, sondern völlig abschreckend, wie richtig angemerkt wurde. Das ist einer der Gründe, warum ich nie in einer festen Runde für Midgard oder DSA Fuß gefasst habe. Es wurde ständig über die alten Zeiten geredet und es wurden laufend Insider-Witze darüber gemacht. Dann schon lieber etwas ganz Neues. Manche Leute schlagen sogar als Gäste auf Cons auf und erzählen dann im Foyer oder im Pausenraum von früher, oft nicht ohne dabei solche Sätze herauszuhauen wie: „Vor zwanzig Jahren war die Szene noch viel größer und lebendiger“ oder „Ja, damals vor 15 bis 20 Jahren war noch ‚was los, jetzt ist das Hobby ja am Verschwinden…“ Alles schon einmal gehört.
Danke Franz, das ist wirklich ein effektives Mittel um neue Leute zu vergraulen. Aber die Angelegenheit ist völlig unabhängig von RSP Hobby. Das ist auch in anderen Konstellationen so, dass es leider immer wieder passiert, dass eine neue Person in eine Gruppe kommt, die sich dann aber forwährend nur über gemeinsame Erlebnisse oder Themen unterhält, wo die neue Person nicht mitreden kann.
Was die Lebendigkeit und größe der aktuellen Szene anbelangt – finde da hat die Main Würfel Con 2019 unlängst gezeigt, wie groß und vital die RSP-Szene ist und wie schön so eine Con sein kann 🙂
Bin kein nostalgischer Typ und lebe in den Tag. 🙂 Es ist doch wirklich alles besser als früher.
Und Nostalgiker werden mit Fakten gequält und müssen solange alte Serien anschauen oder alte Abenteuer lesen, bis diese Krankheit vorbeigeht. Muhaha.
Ich wundere mich aber immer wieder, dass unsere Nostalgiewelle als etwas Besonderes gesehen wird. Redet niemand mit der Generation vor uns wie sie mit 35-50 drauf waren? Man sieht so viele Parallelen. 🙂
Was ist denn „35 – 50“ bitte für ein fies gewähltes Zeitfenster? Jetzt fühle ich mich schlecht! 😀
Ein wirklich zeitaktuelles Thema. Eure Erzfeinde vom DorpCast hatten es übrigens schon in ihrer Folge 108. Die gingen aber sehr viel mehr in die Richtung der Vermarktbarkeit. Insofern ergänzen sich eure Folgen sehr gut.
Was mir sehr gefiel, war euer oft psychologischer Angang. In Zukunft gerne mehr Wissenschaft. Ich finde, die Rollenspieltheorie kann sehr davon gewinnen, Ergebnisse aus der Wissenschaft zu übertragen.
Wir erleben ohne Frage eine Nostalgiewelle in den Medien. Dafür scheint es mir mehrere Gründe zu geben:
1) Viele Leute haben das Gefühl, die aktuellen Zustände seien schlecht und würden mit der Zeit auch immer schlechter. In solchen Fällen erinnert man sich gerne an die gute alte Zeit (die in Wirklichkeit nie so gut war, wie man sich einredet). Das war in wirtschaftlich schweren Lagen schon immer so.
2) Durch das Abflachen des moore’schen Gesetzes, läuft der technische Fortschritt der Videospiele gerade in eine Grenze. Noch ist sie nicht da, aber ihre Nähe bedeutet schon enorme Kosten für weiteren Fortschritt. Da ist es doch leichter, ein altes Ding wieder neu aufzulegen.
3) Alle Medien haben das Problem, das alte Produkte sich heute praktisch ewig halten. Vor 100 Jahren konnten die meisten Menschen ihr Lieblingstheaterstück vielleicht dreimal im Leben sehen. Wenn jemand 20 Jahre später etwas Ähnliches produzierte, war es wieder neu. Auch bei Büchern blieben nur die wirklich erfolgreichen Werke in Produktion. Ein Buch von 1850 im Jahre 1880 lesen zu wollen, war nicht leicht. Da musste man sich schon durch alte Archive wühlen.
Ein schönes Beispiel hier ist „Alice im Wunderland“. Darin parodiert Carroll immer wieder Gedichte, die damals jeder kannte. (Sie waren bekannt genug, dass ein kleines Mädchen den Witz verstand.) Obwohl Carroll so berühmt ist, musste man im 20. Jhd. durchaus nennenswerten Forschungsaufwand betreiben, um die ursprünglichen Gedichte, die Carroll da abwandelte, wiederzufinden. Sie waren einfach in Vergessenheit geraten.
Heute ist das anders. Eine Neuverfilmung von „War of the Worlds“ bspw. muss sich daran messen lassen, dass jeder sich das Original von 1953 anschauen kann. Selbst wenn es keine Neuverfilmung ist, sondern nur ein ähnliches Werk, wird es mit dem Original verglichen werden.
Die ewige Wiederkehr des Gleichen ist keine besondere Eigenschaft der heutigen Medienkultur. Schon die Ilias wurde über Jahrhunderte immer wieder neu erzählt. Die Tatsache, dass das alte nicht mehr verschwindet, macht die heutige Zeit bemerkenswert.
4) Zusätzlich zu dieser technologischen Dimension gibt es noch eine rechtliche. Vor allem durch die Lobbyarbeit von Disney wurde das Urheberrecht auf absurde Zeiträume ausgedehnt. Man muss deshalb oft in den ausgetretenen Pfaden bleiben, weil einem die anderen Pfade nicht gehören. Disney kann nicht Star-Wars-Elemente mit Star-Trek-Elementen verbinden, um etwas Neues zu kreieren, weil ihnen nur ersteres gehört.
Wie man an dieser Darstellung vielleicht schon sieht, halte ich von Nostalgie nicht viel. Ich empfinde manchmal auch Nostalgie (z. B. für meinen Commodore 64), aber ich versuche es zu vermeiden. Denn die gute alte Zeit war eben nie so gut, wie man denken mag.
Und diese Fehleinschätzung ist doch echt problematisch. Wie zufrieden ich mit etwas bin, hängt doch ganz erheblich von meiner Erwartungshaltung ab. Deshalb sind falsche Erwartungen aufgrund falscher Bewertungen stets ein Weg ins Unglück.
Insofern ist das einzige Stück Rollenspielnostalgie, was ich habe, dass ich gerne öfter mit Leuten an einem Tisch spielen möchte. Aktuell kann ich nur digital spielen, was auch schön ist, aber nicht ganz so gut. Das war früher wirklich besser.
Was ich aber habe, ist historisches Interesse. Die Geschichte des Rollenspiels interessiert mich schon sehr. Die Kaiser-Retro-Box habe ich nicht aus Nostalgie (ich spiele nie DSA 1), sondern aufgrund der historischen Bedeutung.
Historie und Nostalgie sind hier fast natürliche Feinde, weil eine davon nach Objektivität strebt und die andere nach Verklärung. Man sieht das ganz gut an der OSR-Fibel. Was man von dem Spielstil halten mag, sei mir hier mal egal, aber die Darstellung davon, wie die erste D&D-Version angeblich gewesen sei, ist vollkommen hanebüchen ahistorisch. Das tut einfach nur weh.
Was bei euch auch anklang, ist die Frage der technologischen Antiquiertheit des Rollenspiels – nur Würfel, Stifte und Zettel; keine Elektronik erforderlich.
Ich denke immer, es gebe zwei unterschiedliche Ansätze zur Technologie. Den einen nenne ich den Saturn-V-Ansatz – hier will man das Neueste und Beste, das ziemlich teuer sein kann und gelegentlich nicht ausgereift ist, aber einen auch bis zum Mond bringen kann.
Und es gibt den Kalaschnikow-Ansatz – hier will man etwas Simples, Günstiges und extrem Zuverlässiges.
Beide Ansätze haben ihren Wert. Wenn ich bei Google anrufe, möchte ich, dass die den neuesten Subraumfunk testen. Und wenn dann die Verbindung abreißt, ist das schon in Ordnung. Wenn ich die 112 anrufe, soll da ein verdammtes Kupferkabel liegen.
Meine Begeisterung für den alten Nokia-Knochen ist nicht die Nostalgie, sondern dass die Teile einfach unkaputtbar sind.
Und das Rollenspiel ist eben ein Stück Kalaschnikow-Technologie: simpel, zuverlässig und irgendwie brillant.
PS: Was für mich eine späte Erkenntnis war, war die Erwähnung, es befinde sich eine Seefahrfolge unter den nie ausgestrahlten Eskapodcast-Episoden. In der Raumschiff-Folge (#32) wurde unter anderem die These besprochen, ob Raumschiffe nicht wie normale Schiffe seien und damit die Folge unnötig, weil man ja bereits eine Schiffsfolge habe. Ich war damals schon verwirrt, weil es eben keine Schiffsfolge gibt. Aber offenbar wurde die nur nie veröffentlicht. Danke für die Aufklärung.
Lieber Lichtbringer, ich möchte noch ausführlicher auf deinen tollen Beitrag antworten, in Ermangelung von ausreichender Zeit konzentriere ich mich mal auf die technische Angelegenheit im letzten Absatz:
Ja, es existiert tatsächlich eine „Seefahrt“-Folge, die aber zu den legendären und sagenumwitterten „Lost Episodes“ gehört. Um sie zu hören zu können, muss man im ersten Schritt erst einmal herausfinden, worin der Quest besteht, den man dafür bestehen müsste. Keine leichte Aufgabe!
Jetzt werde ich noch neugieriger. Wird deine längere Antwort auf meinen Beitrag (sie bestimmt noch kommt), einen Hinweis enthalten?
Unter keinen Umständen.
Theater ist ein guter Vergleich für die gefühlte Remake-Welle quer durch alle Medien:
Da sind neue Perspektiven, abseitige Experimente mit altbekanntem Stoff etc. schon lange völlig normal.
Der Unterschied ist meinem Eindruck nach vor Allem der, dass man beim Theater viel eher einen Blick für den Kern der Vorlage hat und damit auch ein Gespür dafür, wo man beim Drumherum basteln und sich ausprobieren kann.
Speziell bei Filmen, aber auch bei Videospielen* habe ich öfter das Gefühl, dass die Macher einer Neuauflage gar nicht wissen, was das Original so gut gemacht hat. Dann geht man nur mit dem Namen und mittelbar mit den positiven Erinnerungen der Zuschauer hausieren – und ärgerlicherweise klappt das oft genug zumindest noch ausreichend gut, um es immer wieder zu versuchen.
Diese Vielzahl missratener oder bestenfalls mittelmäßiger Remakes macht das Thema mMn in der Wahrnehmung so präsent.
*Mein ewiges Ärgernis in der Beziehung sind rundenbasierte Taktikspiele. Die zwei großen Klassiker dieses Genres sind von 1994 (Ufo: Enemy Unknown bzw. X-COM: UFO Defense (US-Titel)) und 1999 (Jagged Alliance 2). Von beiden sind ca. 2 Milliarden Klone, Remakes, Fortsetzungen, Nachfolger im Geiste erschienen und die allermeisten sind im direkten Vergleich geradezu armselig.
Ich spiele bis heute mit OpenXcom ein leicht modifiziertes UFO: Enemy Unknown. Natürlich sah das ab Ende der 90er absolut beschissen aus, aber seit 25 Jahren (!!11elf) bekommt es niemand hin, einen ordentlichen Nachfolger auf den Markt zu werfen, was das Spieldesign und – erschreckenderweise – die flüssige Bedienbarkeit zumindest der modifizierten Version angeht. Völlig absurd.
Ach ja, Theater ist eine unterschätzte Kunstform. Man kann davon auch viel fürs Rollenspiel lernen. (Ich hielt tatsächlich mal einen Vortrag auf dem Nordcon darüber.)
Zum Thematik des richtigen (und oft falschen) Umsetzens von Nostalgie in Videospielen empfehle ich dieses unterhaltsame Video: https://youtu.be/WzIqxTVoIyg
Das Beispiel von X-COM/UFO finde ich, passt tatsächlich sehr gut zur meiner These, das Alte verschwinde nicht mehr.
Du kannst heute noch das Original spielen. Deshalb muss sich eine neue Umsetzung irgendwie davon abgrenzen. Und das geht mit schicker Grafik viel besser (und nachweislich verkaufserfolgreicher) als mit guten Mechanismen. Durch den technischen Fortschritt ist die schickere Grafik sehr günstig, wogegen bessere Mechanismen aufwendig sind und für den potentiellen Käufer auch nicht offensichtlich zu erkennen.
Auch wenn das Original nicht mehr zugänglich wäre, hätte ich ja immer noch die Erinnerung, an der sich eine Neuauflage messen lassen müsste. Dann könnte man mir natürlich eher nostalgische Verklärung vorwerfen.
Jedenfalls ist das genau der Punkt, über den ich mich ärgere: Der „Jugend von heute“ ( 😉 ) reicht schickere Grafik, ich will aber bessere Spiele – natürlich extrem pauschal und plakativ formuliert; es ist ja nicht so, dass es seither gar keine guten neuen Spiele gegeben hätte (aber mMn zu einem erschreckend großen Anteil aus dem Indie-Sektor und dem Mittelfeld statt aus dem AAA-Bereich (s.u.)).
Und Grafik ist natürlich ein Faktor, gerade wenn es um so olle Schinken geht.
Ich hätte mich ja durchaus auch über einen spielerisch identischen UFO-Klon mit schickerer Grafik gefreut bzw. mich damit zufrieden gegeben. Xenonauts hätte genau dieser Klon sein können, aber auch das hat man in den Sand gesetzt, weil man nicht erkannt hat, worauf es ankommt (von den beiden sehr erfolgreichen jüngeren X-Coms gar nicht angefangen, die ich für totale spielerische Reinfälle halte).
„Bessere Mechanik“ ist übrigens das Stichwort für ein in dieser Hinsicht sehr interessantes Thema, nämlich Spieldesign an sich. Da kann man nicht einfach mit Geld, Zeit und Material drauf werfen und dann wird es automatisch besser (auch wenn man diese drei Dinge natürlich braucht) – ohne die richtigen Köpfe und die richtigen Rahmenbedingungen wird das einfach nie was. Und gerade die „Professionalisierung“ der Videospielindustrie führt oftmals dazu, dass diese Rahmenbedingungen nicht mehr gegeben sind und man erst gar nicht die richtigen Leute ran lässt.
Das ist z.B. der Grund, warum mMn Fanprojekte wie OpenXcom oder der JA2-Mod V1.13 die besseren Weiterentwicklungen darstellen und nicht die großen Remakes.
Dementsprechend könnte ich jedes mal ein Eck aus dem Tisch beißen, wenn – überspitzt formuliert – drei Leute in ihrem Keller mittels eines Mods ein besseres Spiel abliefern als eine anerkannte Spieleschmiede mit richtig Geld dahinter.
Und noch mal zum Thema „Das Alte bleibt erhalten“: Im zeitgenössischen Gaming-Sektor gibt es da einige Wackelkandidaten. Alte Singleplayer-Spiele bleiben – abgesehen von kleinen Problemchen mit neuen Betriebssystemen usw. – verfügbar und zugänglich, aber gerade die großen, aktuellen Spiele, die eine entsprechende Infrastruktur brauchen, kann man irgendwann gar nicht mehr nutzen, wenn der Hersteller sie nicht mehr unterstützt. Da spielt dann auch das „Games as a service“-Konzept rein, wo zumindest ich ganz schnell in die Trotzreaktion verfalle, mir solche Spiele erst gar nicht anzuschaffen, wenn die absehbar nicht auf lange Sicht spielbar bleiben oder auch „nur“ ständig verschlimmbessert werden und man nicht mehr die Möglichkeit hat, auf eine alte Version zurückzugehen. Das war ja mit alten Singleplayer-Titeln über eine lange Patch-Historie durchaus mal gegeben, aber neuere Spiele ziehen immer die aktuellste Version vom Hersteller, egal was man davon hält.
Das ist eben der Perspektivwechsel vom Spiel als Produkt, das man ausliefert und dann dem Kunden gehört hin zum Bereitstellen des Spiels als Dienstleistung, die ständigen „Verbesserungen“ unterliegt.
Und offensichtlich ist man bei solchen Spielen nach ein paar Jahren erst recht der wunderliche alte Sack, der den neuen Spielern (die die alte Version gar nicht kennen) ständig erzählt, wie viel besser das Spiel früher war 😉
Ich musste gerade erst nachschauen, was Nostalgie ganz exakt bedeutet. Die erste Definition war: „Unbehagen an der Gegenwart…“. Das kann ich für mich auf dem Gebiet Rollenspiel tatsächlich komplett verneinen. Meine aktuellen Rollenspielrunden machen mir enorm viel Spaß und sind ein Highlight in meiner Freizeit. Das Interesse meiner Kinder an dem Hobby tut sein übriges um Freude am Spiel in der Gegenwart zu empfinden. Nostalgische Gefühle kommen manchmal, wenn ich die Vergangenheit als Ganzes betrachte. Da war Rollenspiel etwas komplett Neues und Exklusives. Wir hatten gefühlt unendlich viel Zeit um sie in das Hobby zu stecken, konnten uns mehrmals die Woche treffen und zocken, teilweise in der Schule, während des Unterrichtes. Aber bei genauerer Betrachtung sind die Spielweisen von damals doch nicht so kompatibel zu den Ansprüchen von heute. Schätze plündern und Monster töten kommt vielleicht noch am Computer gut. Als Schüler mussten wir zusammenschmeißen um die bezahlbare Quattro-Pizza zu kaufen, da bin ich ganz froh heute auf den Lieferservice und die eigenen Kochkünste zurückgreifen zu können. Keiner muss mehr am Kopierer stehen um ein Regelwerk preiswert zu erwerben. Auf der anderen Seite waren damals die englischen Rollenspiele günstiger, was meinen Fremdsprachenwortschatz enorm erweitert hat. Ich möchte die Zeit von damals und meine Lebensumstände nicht in meiner Entwicklungsgeschichte missen, allerdings bin ich sehr gespannt was noch kommen wird.
Wie stark verbindest du Rollenspiel mit Nostalgie?
Ich hatte auch eine Phase oder hatte sie immer mal wieder, in der ich diese Ersterlebnisse im RSP wieder aktivieren wollte, also den Sense of Wonder oder den Thrill, wieder erleben wollte, wenn man eine Handlung das erste Mal tätigt.
Aber man steigt eben nicht zweimal in den selben Fluss und über die Jahrzehnte professionalisiert man sein Abenteurer, also kann der nie mehr naiv sein. Es ist müßig da wieder hin zu wollen, aber das ist wohl die Nostalgie….
Bei vielen nostalgisch aufgeladenen Erinnerungen merke ich inzwischen schnell, dass es doch nicht alles so toll war, wenn man sich genauer erinnert.
Danke der Inspirationen von Podcast und des Durchdenkens auch mit Hilfe Eurer Themen gelingt es mir eher immer wieder was neues am Hobby auszugraben, dass einen dann wirklich neu in den Fluss steigen lässt.
Was ist deine nostalgischste Erinnerung im Bezug auf Rollenspiele?
Ich habe eine Midgard-Figur, die ich immer mal wieder in Jahresabständen spielen darf. Meist in anderen Runden und es jedesmal ungewiss wann und ob, die Figur nochmal zum Einsatz kommt, weil ich selten Midgard spiele. Das ist dann immer, wie einen alten Freund treffen, den man über Jahre nicht getroffen hat.
Die Figur habe in meinem 19.-23, 25.-27. Lebensjahr und dann ein paar Mal über meinem vierzigsten Lebensjahr gespielt,…. mir wird gerade ganz warm ums Herz. Ich wollte den schon nach GURPS konvertieren, aber durch die vielen Nachteile, die in GURPS dann größere Konsequenzen haben als bei Midgard, ist es bei einem Entwurf geblieben.
Schöne Affektbrücke zu den nostalgischen Gefühlen über diese Figur, die Du nicht mehr so oft und nicht so oft das entsprechende System spielst. Ich vermute dass das dabei eine Rolle spielt, da Du das daher nicht so stark mit dem Aktuelleren verbindest. Ich sollte auch mal wieder ausprobieren eine alte Figur zu reaktivieren 🙂
Wie stark verbindest du Rollenspiel mit Nostalgie?
Bei mir ist das ganz gemischt – und jetzt kommt eine totale Holger-Antwort 🙂
Einerseits schließe ich mich vielen der bisherigen Kommentierenden an und sage, ich schaue beim Rollenspiel meist nach vorn und merke, dass Dinge besser werden, dass man immer neues entwickelt und als SPieler und SL kennenlernt. Aaron beschreibt das genauso wie ich es auch empfinde. Es gibt heute so viele tolle neue Möglichkeiten und es gibt immer mal neue Mind Opener. Früher musste man sich durch sperrige Systeme kämpfen, Immersion ist oft am eigenen Unvermögen gescheitert und die frühen Rollenspiele waren doch ziemlich cheezy. Man muss ehrlich sagen, dass es heute die deutlich besseren Ansätze gibt. Ein Arkana-System hat mein Augenmerk aufs Erzählen gelegt, ein FATE oder pbta hätte man mal in den spätern 90ern als 16-20jähriger haben müssen statt DSA 4 oder Shadowrun 3 mit immer ausufernderen Regeln hingeknallt zu bekommen 🙂
Aber da sind wir auch schon beim „Andererseits“: Denn Rollenspiel war bei mir ähnlich wie von Martin im Podcast beschrieben auch immer mit Wochenende, Freizeit, Beisammensein mit Freunden, wach bleiben bis in die Puppen und am nächsten Morgen weiterzocken verbunden, später in den 2000ern mit Studentenleben und ähnlichen Freiheiten wie als Kind, und natürlich tollen Gruppen, die ich im Nachhinein sicher auch als besser verkläre als sie eigentlich waren. Heute muss ich Rollenspiel eher so zwischen Familie mit klar abgegrenztem Zeitrahmen am Ende eines stressigen Arbeitstages unterbringen; da kommt immer mal Nostalgie hoch – und in 10-20 Jahren werde ich als noch älterer Knacker auch darauf nostalgisch zurückblicken, nehme ich an. Und natürlich sind viele Rollenspieler, auch ich, jetzt gerade in dem Alter, in dem Erinnerungen an die 80er/90er besonders stark als nostalgische Gefühle zurückkehren. Der D&D Boom (s. letzte Folge), OSR und Rollenspiele wie Tales from the Loop (kürzlich zwei Runden gespielt und war super!) haben sicher auch deshalb so einen Erfolg.
Fazit: Ich sehe Rollenspiel mit einem nostaligischen Auge in die Vergangenheit blickend („die Momente kommen nie wieder“) und mit einem neugierigen in die Zukunft gerichtet („dafür gibt es tolle, neue Entwicklungen und Möglichkeiten“).
(Holger kann stolz auf mich sein! 🙂 )
Was ist deine nostalgischste Erinnerung im Bezug auf Rollenspiele?
Oje, so viele…. Hier mal drei als Auwashl:
– Anfang-Mitte der 90er, ich als SL für nur 2 Spieler (damals meine beiden besten Freunde) in einer Wochenendrunde in der Wohnung meiner Eltern (noch am Leben), meine Mutter serviert uns Lasagne. Dann spielen wir DSA 3 bis spät in die Nacht, begleitet vom Conan-Soundtrack. Die beiden „Helden“ ziehen als Schwarzmagier (*sing* „Azzitai, steh mir bei“, vor freude leuchtende Augne bei jeder Erwähung Borbarads) sowie dunkelgrauer Gaukler-Phexgeweihter-Assassine durch die Lande. Immersionsmäßig im Hinterkopf haben wir Computerspiele wie Black Crypt, Eye of the Beholder, Dungeon Master und Curse of the Azure Bonds. Der Tisch mit allem möglichen Kerzenkrempel geschmückt, das Licht gedimmt. Szene: Umringt von Echsenmenschen in verzweifelter Lage hat der Magier einen Geistesblitz: Er spricht einen die Temperatur abkühlenden CALDOFRIGO, der Assassine/ Geweihte backstabbed die nun bewegungslosen Kaltblüter. Eine Echsenmenschensippe weniger…). Man sieht schon: Eigentlich zum facepalmen fürchterlich, aber damals irgendwo cool – und das war schon die Phase, in der wir versucht haben, Wert auf atmosphärisches Rollenspiel zu legen 🙂
– „Legendsy“-LARP 1995 mit einem der oben genannten Freunde, mein erstes LARP, gleich 10 Tage am Stück, gleichzeitig erster Urlaub ohne Eltern. Mein 16jähriges Ich will einen coolen Streuner-Söldner-Dieb spielen, aber dank meiner Körpergröße und des Räuberhutes aus einem Theaterfundus hält mich jeder für einen Hobbit (und womit? mit Recht!) 🙂 . An zwei Abenden darf ich mit einer Heldengruppe (rekrutiert als „rechtschaffen guter Schlossermeister“ vom Paladin) in den „Dungeon“, der in den den Räumen der tschechischen Burg eingerichtet ist, um die herum das Event stattfindet. Aus den Lautsprechern spielt zur Einstimmung immer wieder die Titelmusik von „Dungeon Master“. Der ehemalige Redakteur der leider kürzlich eingestellten Computerspiele-Zeitschrift ASM begleitet uns als in schwarze Kutten gekleideter Spielleiter in den Dungeon und beschreibt unaufdringlich das Geschehen und die Wirkung von Fallen etc. Ich höre heute noch das wiederholte „Ihr verliert einen Punkt eurer Lebenskraft“, während wir verzweifelt versuchen, bei magischer Kälte ein Lege-Rätsel zu lösen.
– Frühe 2000er, am Bodensee auf der Reichenau im Haus des SL. Puristischer Tisch im Wohnzimmer ohne Ablenkungen, Snacks oder sonstigem, nur eine Karaffe Wasser mit Kristall drin, drei Character Sheets und ein paar W10 vor uns. Im Hintergrund spielt mit perfektem Klang eine Dark-Wave CD der Band „Arcana“ (Dark age of Reason, The Last Embrace…). Der Sänger schildert mit seiner flehend-leidtriefenden Stimme im Song „The Curse“ eindringlich das Schicksal auch unserer Charaktere: frisch erweckte, nein zu ihrem Dasein verfluchte Vampire (Masquerade). Als Marty McBride tauche ich von da an allwöchentlich so tief in eine Rollenspielwelt ein wie davor und danach nie wieder, gerate verzweifelt in Blood Rage, haue Türstehern eins auf die Fresse und checke nicht, was da zur Hölle mit mir vorgeht, hadere mit dem Schicksal meines Charakters und helfe dem zur Nosferatu-Brandleiche gewordenen Herrenmodel in der Gruppe (nur echt mit eingebrannter Kevin-Klein-Unterwäsche), mit seinem zurechtzukommen. Hach, das war damals Immersion pur. Und viel gothmäßiges Heulen über’s eigene Dasein, aber schee! 🙂
Nostalgie im Rollenspiel kenne ich (nach 35 Jahren im Hobby) auch, aber das bezieht sich bei mir nicht wirklich auf die Inhalte – inhaltlich hat sich Rollenspiel m.E. eher weiterentwickelt und verbessert: neue Ideen und Systeme, andere Spielweisen, professionelleres Material usw.
Klar erinnert man sich auch gerne an die Anfänge, weil es halt neu und cool war damals und man eine Menge schöner Erinnerungen daran hat, aber wirklich haben muss ich persönliche das so nicht mehr.
Wo ich aber wirklich ein nostalgisches „früher war alles besser“ empfinde, ist beim Grad der Intensität und Durchdringung. Zum einen gab es generell nur wenig Material, zum anderen hatte man zu Schulzeiten auch einfach viel mehr Zeit, so dass man quasi alles kannte und gelesen hatte.
Die Auseinandersetzung mit den Spielsystemen war daher einfach viel intensiver und man hatte alles stärker verinnerlicht: man kannte alle Waffenwerte auswendig, hatte jeden Regionalband zwei Tage nach Erscheinen gelesen…
So hatte man m.E. eine viel innigere Beziehung zu den Welten und Systemen, mit denen man gespielt hat, als bei der Publikationsflut und der Zeitknappheit heutzutage, wo man kaum noch nach kommt und es manchmal beim oberflächlichen Scannen bleiben muss.
Diese Durchdringung klappt natürlich heute nicht mehr (und wird es wohl auch nie wieder), aber das Gefühl von intensiver Verinnerlichung vermisse ich durchaus manchmal.
Schön begründet Ravenking, warum früher alles besser war ? Mir ging es damals ganz genau so. Ein Detail, dass ich Deinen Argumenten gerne noch ergänzen möchte ist, dass die Rollenspielbände viel umfangreicher geworden sind und dass sie um einiges kleiner geschrieben sind.
Ein wenig verspüre ich die intensive Verinnerlichung noch, wenn ich ein Abenteuer vorbereite, aber das ist dann eben mehr die Verinnerlichung des Abenteuers, weniger des Rollenspiels an sich oder der entsprechenden Welt.
Hallo,
ich habe zwei schöne Erinnerungen zum Rollenspiel die mich nostalgisch werden lassen.
Die erste. Ich war in der Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Eines Tages sprach mich der Ausendienstmitarbeiter von Schmidt-Spiele an. Ob ich interesse an einem neuen Spiel hätte, ee hätre zuhause einiges Material davon, er würde es mir zuschicken.
Da ich schon immer gern Brettspiele mochte sagte ich ja.
Es kam ein riesen Paket mit Boxen und Abenteuern von DSA 1 und 2.
Beim einlesen dachte ich erst, wue soll das funktionieren, ist doch Quatsch.
Dann aber rekrutierte ich Familienmitglieder zum Probespiel und wir waren gleich begeistert dabei. Die Boxen habe ich noch, auch wenn ich wie Martin bin und nicht sorgsam damit umgegangen bin.
Die zweite. Anfang der 2000er Jahre hatte ich eine Spielgruppe die nur aus jungen Gymnasiasten bestand, ich war schon mitte 30.
Die wollten immer von Samstag auf Sonntag die Nacht durchspielen.
Das hat Spaß gemacht, allerdings könnte ich das heute nicht mehr. Daran erinbere ich mich gern zurück.
Nostalgisch bin ich auch bei Filmen.
Ich finde es schade das die Jungen heute nur noch streamen und und so nicht mehr echte Klassiger sehen.
Diese Filme lassen mich in Erinnerungen schwelgen, sind aber auch hervoragend gemacht. Um einige zu nennen:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Vertigo_%E2%80%93_Aus_dem_Reich_der_Toten
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Die_Braut_trug_schwarz
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mr._Hobbs_macht_Ferien
Auch habe ich den Eindruck, die jungen Leute wissen nicht mehr einen Film im Kino zu würdigen. Wir waren jetzt in dem Remake ( übrigens ein übereaschend gutes) von Friedhof der Kuscheltiere. Da wurde während dem Film auf das Smartphone geschaut, sich laut unterhalten usw., was mich stört und auch schade finde.
Um noch mal auf Nostalgie im Rollenspiel zu kommen.
Da ich die alten Abenteuer noch habe, die aber so nicht mehr spielbar sind, überarbeite ich sie für meine jetzige Gruppe, wie zuletzt Die sieben magischen Kelche und Komando Olachtei, um sie in die Borbsrad – Kampagne einzubauen.
Gruß
Ralf
Also ich bin Nostalgie eigentlich nicht zu haben, zwar spiele ich gerne Beyond the Wall aber da ich erst mir D&D 3 wirklich bei D&D eingestiegen bin, habe ich keine wirklich Verbindung zu den älteren Versionen.
Bei DSA habe ich mit der auch mit der 3. Edition angefangen und finde das Würfelsystem heutzutage zu sperrig und darum habe ich kein Bedürfnis je in das alte System zurück zukehren. Ich kenne aber Leute die heute nicht mehr spielen und mit einem verklärten Blick auf DSA 3 blicken.
Bei Fernsehserien und Spielsachen hatte ich früher mal Nostalgieflashs, besonders He-Man, aber dies ist auch vorbei gegangen weil viele der alten Dinge heutzutage nicht mehr so gut wegkommen. Das einzige was ich immer noch gerne konsumiere sind Hörspiele, da halte ich hohe Stücke auf ältere Produkte und habe den Eindruck, dass viele Hörspiele heute nicht unbedingt mit den älteren Sachen mithalten können (dies fällt mir besonders bei Kinderhörspielen auf).
Mit Rollenspiel selbst verbinde ich nichts nostalgisches. Das wäre ja so als hätte ich früher mal Rollenspiel gespielt und würde es heute nicht mehr tun. Doch das ist zum Glück nicht so. Aber dennoch blicke ich manchmal zurück und verbinde das Rollenspiel mit meiner Schulzeit und meinem Freundeskreis, der zum Glück bis heute noch gut zusammenhält.
Als nostalgische Erinnerung könnte man nennen, dass ich, wie so ziemlich jeder Teenie immer knapp bei Kasse war, so dass ich damals als 15jähriger mit dem Fahrrad nach Mannheim-Käfertal gefahren bin um im FantasyForest das Abenteuer Burg Bernstein für D&D zu kaufen. Mann war ich platt danach, als ich zu Hause war. Aber das Abenteuer war es auf alle Fälle wert!
Ich habe bei dieser Folge mich die ganze Zeit auf einen Auftritt des Entenseelendämons gefreut. Dieses Eskapotkastmitglied vermisse ich doch sehr.
Wie man daran sehen kann, bin ich durchaus auch ein Opfer der Nostalgie.
Das gebe ich dem Dämon gleich weiter, da freut er sich. 🙂