Wir klopfen unser schönes Hobby knallhart auf seine Nützlichkeit ab: Stärken die endlosen Dungeon-Runs die Unterarm-Muskulatur? Verdrängen memorierte Zaubersprüche nach und nach unangenehme Erinnerungen? Bereiten gerailroadete Abenteuer adäquat auf den eigenen Lebensweg vor? Da sage noch einer, wir wären Spielkinder und würden unsere Zeit verschweden.
Cast: Martin, Richard, Carsten, Holger Länge: 00:57:50
Inhalt:
01:24 vom Sinn und Unsinn zweckbefreiten Spiels
06:15 Einhorndressur, Greifenreiterei & Heiltrankbraukunst als Karriereperspektive
18:47 „Frodo, mein Sohn, du hast dein Leben mit Rollenspiel verschwendet!“
26:56 poetische Höhenflüge und die Kunst, die Klappe halten zu können
35:37 den Ork korrekt grüßen können: Socializing und Etikette
47:06 Termine jonglieren, Chips besorgen, die Bude aufgeräumt bekommen
54:07 über Aliens promovieren, in fiktiver Geschichte habilitieren
Geschenkaktion: Loote den Eskapodcast! (detaillierte Teilnahmeregeln)
Geschenke: 13th Age Grundregelwerk (Uhrwerk Verlag)
Mäzenatin: Tanja (Emporion of Games)
Beantworte in den Kommentaren bis zum 03.02.2019, 24 Uhr, die folgende Frage: „Hast du dich durch unser Hobby insgesamt weiterentwickelt? Hast du besonders nützliche oder unnütze Fähigkeiten erworben?“
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Eskapodcast – Folge 47: Rollenspielerfolg aus dem Handgelenk
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Hallo zusammen,
wie immer eine hochspannende Folge zu einem interessanten Thema.
Durch das Rollenspiel habe ich einiges gelernt. Einmal die schon beschriebene kommunikationsfähigkeit. Im besonderen über Gesprächsführung, also wie hole ich meinen Gegenüber ab und komme zu dem Ziel das ich mir gesetzt habe? Dabei ist es auch wichtig bei Abschweifungen eine gewisse Gelassenheit zu bewahren und den richtigen Zeitpunkt abzupassen die Spieler wieder auf den Plot/ die Gesprächspartner wieder zum Thema zurückzuführen.
Dann habe ich einiges über Vorbereitung gelernt. Als Spielleiter hatte ich zu beginn seitenweise Notizen gemacht, mittlerweile ist es nur noch eine halbe seite Stichpunkte und auch die benötigte Zeit ist weniger geworden. Zum Teil hat das wahrscheinlich mit der Fähigkeit zur Improvisation zu tun, aber ich behaupte auch das ich mich dadurch auf Meetings in kurzer Zeit besser Vorbereiten kann. Die wichtigste Lektion für mich war aber: Kenne dein Publikum. Das beste Abenteuer funktioniert nicht wenn es nicht zu den Spielern passt. In sämtliche Planung muss man auch die Menschen mit ihrem Charakter und ihrer Figur mit einbeziehen.
Das führt auch wunderbar zum nächsten Punkt über: Empathie. Man lernt tatsächlich einiges übers zuhören und darüber sich in andere hineinzuversetzen.
An unnützen Fähigkeiten kann ich leider nichts beisteuern. Wobei ich zugeben muss, das ich mein Detailwissen über Warhammer 40.000 noch nicht zum Einsatz bringen konnte 🙂
Das ist ja wirklich ne umfassende und anschauliche Beschreibung von positiven Effekten des Rollenspiels. Sehr gut gefällt mir vor allem, was Du über den Umgang mit Abschweifungen vom Thema in einem Gespräch gesagt hast!
„Hast du dich durch unser Hobby insgesamt weiterentwickelt?
Sicherlich, habe ich viel bei RSP gelernt, aber es ist natürlich schwer zu sagen, wie ich mich ohne RSP entwickelt hätte, ob ich nicht über andere Wege, die gleichen Fähigkeiten gelernt und Charakterzüge verstärkt. Und wann ?
Ich habe in meinem Vorstellungsgespräch für die Ausbildung mit den andern Bewerbern vor den Augen der Prüfer eine Problemsituation lösen müssen (das Schiff geht unter, welche zehn Dinge nimmt man mit auf das Rettungsboot). Soetwas hatte ich ja vorher hundert Mal im RSP-Schonraum durchgeführt, also ein Heimspiel.
Hast du besonders nützliche oder unnütze Fähigkeiten erworben?“
Neben den bei Euch genannten sozialen und organisatoischen Fähigkeiten für die Tischspielrunde, bei denen ich eigentlich sicher bin, dass ich sie vorher auch hatte, habe ich durch das Organisieren von Pen und Paper-Cons, Vereineinsprogramm & LARPs viel über Veranstaltungen gelernt, von Raumsuche, Gelddingen, Werbung und den Bedürfnissen von großen Gruppen und nennen wir es Mitarbeitermotivation.
Aus dem LARP ziehe ich wohl die meisten handwerklichen Fähigkeiten: Nähen von Gewandungen, Kochen, Bauen und Reparieren von Rüstungen, Requsiten und Kulissen, Einzelkampf, Gruppenkampftaktik.
Eine Fähigkeit, die außerhalb des RSP kaum nutzbar ist, aber im RSP umso wichtiger, ist der Aufbau einer interaktiven Geschichten, in der die Spielfiguren Gelegenheiten finden zu glänzen, aber auch die Spieler dahinter ihre Nische oder Spotlight finden .
Klar, sind da noch die Regel und das Hintergrundwissen für alle Spielwelten, die ja eigentlich recht unnütz sind, auch eigentlich unnützes Wissen 🙂
Wau klasse – stimmt, die ganzen handwerklichen Fertigkeiten durch LARPS sind auf jeden Fall auch relevant. Prima Beispiel mit den 10 Dingen, die man im Bewerbungsgespräch von einem sinkenden Schiff mitnehmen würde 😉
Diese Folge begeisterte mich total. Da muss ich hier einiges zu loswerden.
Ich selbst bin tatsächlich Asperger-Autist, allerdings so gut therapiert, dass auch professionelle Psychologen das für gewöhnlich nicht merken. Und in dem Maße, in dem meine anekdotischen Belege von Wert sind, führe ich einen großen Teil dieses Lernprozesses auf das Rollenspiel zurück.
Im Rollenspiel konnte ich soziale Situationen erproben und Einfühlungsvermögen lernen. Gerade als Spielleiter, wenn ich das Verhalten meiner vielen NSCs im Blick haben muss, konnte ich dadurch auch erproben, welche Sozialverhaltensregeln wichtig sind und welche die Gesellschaft zwar behauptet, aber überhaupt nicht einhält. (Es ist eine Sache, zu versuchen, soziales Verhalten von anderen zu lernen, und eine ganz andere, wenn die Richtlinien, die man verstehen will, nicht offen angesprochen werden.)
Des Weiteren lernte ich auch, konsistente Vorstellungen von der (fiktiven) Welt zu haben. Als Naturwissenschaftler ist das eine Fähigkeit, die mir in Studium und Beruf sehr viel weiterhalf.
Auch hier gibt es eine soziale Komponente: Ich wurde dadurch viel besser, Leute zum Lachen zu bringen, denn Witz basiert darauf, konsistente Erwartungen zu erzeugen und dann zu verletzen.
Meine Fähigkeiten im Vermitteln von Konzepten konnte ich als Spielleiter ebenfalls erproben. So dass ich mittlerweile populärwissenschaftliche Vorträge halte. (Zu entsprechend nerdigen Themen, wie „Folgt aus großer Macht große Verantwortung? – Moral, Ethik und Superhelden.“)
Ich glaube übrigens auch, dass man sich nicht nur in seinen Fähigkeiten weiterentwickeln kann, sondern auch ein besserer Mensch werden. Das meine ich vollkommen ernst, ich denke, Rollenspiel verbessert die Welt. (Wäre übrigens ein tolles Thema für eine Folge.)
Es unterrichtet Empathie, was sicher hilft, wenn man gut zu anderen sein sollte.
Man kann darin gut moralische Dilemmata durchgehen.
Es bietet digitale Entgiftung, was beim Ton von großen Teilen des Netzes vielleicht auch etwas wert ist.
Es ist aber auch für die Gesellschaft gut. Im Vergleich zu anderen Formen der Unterhaltung verbraucht es winzige Mengen an Ressourcen, womit es auch ökologisch relevant ist.
Neben meiner eigenen Entwicklung möchte ich noch ein paar typische Kandidaten vorschlagen, die ihr nicht erwähnt hattet:
Ich kenne einige Leute, die die englische Sprache mittels Rollenspiel gelernt haben.
Was Fachwissen angeht: In einer früheren Sci-Fi-Runde hatten wir einen Biochemiker, einen Chemiker, zwei Mathematiker und eine Theologin. Letztere lernte einiges über Physik und wie man naturwissenschaftlich denkt.
Was mich übrigens etwas verwunderte, war, wie ihr Gesellschaft und Individuum gegenüberstellten, was das Urteil über eine Nützlichkeit angeht. Denn natürlich ist jedes Werturteil des Einzelnen geprägt von der Gesellschaft um ihn herum. Dem kann (und sollte) man sich nicht so einfach entziehen, so funktioniert menschliche Willensbildung einfach.
Herzlichen Dank! Zum Thema Rollenspiel und Autismus gibt es bereits einige Veröffentlichungen im Netz, z. B.: http://dnd.wizards.com/articles/features/dr-raffael-boccamazzo-dd-and-autism
Überhaupt aber ne beeindruckende und sehr plausible Schilderung von Benefits durchs RSP! Spannend finde ich die These, dass wir durch RSPs zu besseren Menschen werden können. Ich glaube auch, dass es so ist – rein wissenschaftlich wäre es aber wohl schwer, das richtig zu erfassen.
Die Werturteile der Gesellschaft beeinflussen natürlich auch das Individuum. Aber ich denke es gibt auch Dinge, die für einzelne nützlich sind, unabhängig davon, wie diese Dinge in der Gesellschaft allgemein bewertet werden.
Moin, moin!
Danke für den Link. Das höre ich mir auf jeden Fall an, wenn ich die Zeit finde. Ich las ähnliche Ansätze auf Geek&Sundry.
Ob D&D als System da jetzt die gute Wahl ist, weiß ich nicht. Aber vermutlich spielt das spezifische System gar keine so große Rolle und D&D ist in den USA derart verbreitet, dass es stets die erste Wahl ist.
Was bessere Menschen durch besseres Rollenspiel angeht:
Eine direkte Erforschung wäre sicherlich möglich, dürfte aber an der Finanzierung scheitern. Trotzdem sähe ich zwei Möglichkeiten, wie man an die Sache stattdessen herangehen könnte.
1) Zunächst einmal könnte man (könntet ihr) den Themenkomplex besprechen. Das ergibt zwar keine belastbaren Fakten, aber wäre zur Entwicklung analysierbarer Hypothesen nützlich. Da könnte man die Thematik zumindest ausloten.
2) Außerdem ist Rollenspiel ja keine Tätigkeit ungleich jeder anderen. Sprich: Es enthält viele Handlungen, welche in anderen Kontexten bereits untersucht wurden.
Ich glaube, am meisten lernte ich über Systementwicklung durch das Barry-Schwartz-Buch „The Paradox of Choice“. Und das erwähnt Rollenspiel mit keinem Wort. Es schildert nur, wie zu viele Auswahlmöglichkeiten Menschen überfordern und mit ihren Entscheidungen unzufrieden machen. Und es zeigt auf, wie man dieser Problematik begegnen kann (z. B. Zufallsmechanismen, Entscheidungsbäume, wachsende Reihefolgen). Da lernt man sehr viel darüber, wie man in einem guten System Charaktere erstellt.
Insofern bin ich sicher, dass es weitere Erkenntnisse gibt, die auf das Rollenspiel übertragbar wären.
Natürlich sind beide Ansätze nicht so gut wie die direkte Erforschung des Rollenspiels. Aber als Nischenhobby wird es vermutlich nicht besser gehen.
Das ist mir viel zu wenig Eskapismus in dieser Folge!
Aber interessant war es trotzdem; ich würde sagen, dass sich meine Eindrücke und Erfahrungen mit euren gut decken. Insbesondere was es anbelangt, anderen das Spotlight zu lassen – ich finde, dass es im Rollenspiel besonders auffallen kann, was einem die Möglichkeit gibt, daraus zu lernen. Hätte sonst wahrscheinlich bis heute gesagt: Was? In den Vordergrund drängen? Mach ICH doch nicht …
Ansonsten finde ich einige Herangehensweisen, die man als SL entwickelt, (erstaunlich) ähnlich zu diversen Prinzipien, nach denen man Unterricht plant. Insbesondere Spieler/Schüler aktivieren und ihnen den Raum zur Gestaltung lassen 😉
Schöner Vergleich von Rollenspiel und Lehre – gerade bei Workshops und Seminaren geht es mir da manchmal ganz ähnlich wie Dir – bzw. bereite ich mich auch ganz ähnlich auf ein RSP Abenteuer und ein Seminar vor (z.B. mit einer Mindmap). Darf ich fragen, was Du unterrichtest? Und inwiefern war Dir das denn im Eskapodcast zu wenig Eskapismus? 😉
Ich hoffe sehr, dass Rollenspiel mich klüger, netter und hübscher gemacht hat. 🙂
Aber wenn ich mir einige Rollenspielkollegen anschaue, scheinen die immun gegen den positiven Einfluss meines Lieblingshobbies zu sein. 😉
Ich bin immer skeptisch, wenn Leute ihr eigenen Hobby bewerten. Aber objektive Studien wird es nicht geben. Daher gehe ich bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, dass P&P gut für meine Entwicklung ist. 🙂
Tatsächlich gibt es schon einige Studien über RSPs, die aber ganz verschiedne Aspekte abdecken – also nicht nur dessen positiven Effekte erforschen. Eine etwas ältere Übersicht ist hier zu finden: http://www.rpgstudies.net
Und hier ein aktuelles Herausgeberwerk: https://www.routledge.com/Role-Playing-Game-Studies-Transmedia-Foundations/Deterding-Zagal/p/book/9781138638907
Aktuell studiere ich noch; für die Fächer Politik und Wirtschaft, Geschichte und Deutsch. Insbesondere bei PoWi sind ja Podiumsdiskussionen mit einer partiellen Rollenübernahme oder gleich ganz die Rollenspiele sehr beliebt. Das ist natürlich schon sehr anders, aber manche typischen Problematiken kennt man aus beiden (z.B. Fokus, also „Ingame“ bleiben oder eine gerne mal falsch wahrgenommene Verschränkung von Person und Rolle).
Und das war mir natürlich zu wenig Eskapismus, weil hier die schöne hobbymäßige Weltenflucht voll durchrationalisiert und auf die Welt angewandt wird, die man doch eigentlich verlassen wollte 😉