Folge 90 – Magie I: Der Reiz des Unerklärlichen

Warum sind Magie und fantastische Literatur untrennbar miteinander verbunden? Weshalb widmen Rollenspiele der Zauberei regelmäßig die dicksten Kapitel? Welchen Mehrwert hat eine Beschäftigung mit dem Übernatürlichen, wenn sich unser Hobby ohnehin im Reich der Fantasie abspielt? Wir verzichten darauf, anzuklopfen, sondern schleichen uns ohne Vorwarnung hinauf in den alten Magierturm.

Cast: Martin,Tanja, Carsten, Dominik Länge: 47:19

Inhalt:
03:23 Besenstiel und Fliegerei, komm herbei, Kartoffelbrei! Was ist Magie?
14:37 Faszination Übernatürliches: Ist die Welt nicht bereits unerklärlich genug?
19:25 die Regeln umgehen, die Naturgesetze aushebeln: Ist Magie ritualisierter Betrug?
27:51 Zauberer ohne Grenzen: Freeform-Magie im Spiegel der Spielsysteme
31:39 zwischen Chaos und Allmacht: von der Kontrolle des Unkontrollierbaren
42:41 „Hey Spielleiter, FEUERBALL!“: operative Machtgleichgewichte im Spiel

Geschenkaktion: Loote den Eskapodcast! (detaillierte Teilnahmeregeln)
Geschenke: Tomb of Annihilation (Whizards of the Coast)
Mäzenaten: Tanja (Emporion of Games)
Beantworte in den Kommentaren bis zum 01.04.2018, 24 Uhr, die folgenden Fragen: „Beschäftigst du dich gerne mit Magie im Rollenspiel? Was gefällt dir besonders gut daran?“

Links:
Midi-Chlorianer
schwache Agnostik
Drachenbeinthron
Wie funktioniert eine Fernbedienung?
Wie funktioniert ein Plasmabildschirm?
Das Lied der Krähen (Droemer-Knaur Verlag)
Milan
Compendium Salamandris

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32 Gedanken zu „Folge 90 – Magie I: Der Reiz des Unerklärlichen

  1. Noch kein Komentar hier? Dann nutze ich doch mal die Gelegenheit.
    Als großer Herr der Ringe Buch Fan muss ich hier auf die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Buch und Film hinweisen. Im „Hobbit“ wirkt Gandalf tatsächlich Feuer und Blitz Magie, im „Herr der Ringe“ lässt er seinen Stab in Moria leuchten und das ist es. Die wirkliche Macht kommt eher durch die benutzten Gegenstände wie sein Schwert und den einen Ring. Mächtig sind die magischen Figuren eher auch durch Herkunft, Gandalf ist ein Halbgott und „Rasse“ Elfen haben besondere Fähigkeiten und sind nicht per se magisch begabt. Mit den Tieren können eigentlich alle sprechen, wie die Zwerge mit den Adlern etc. Die Hauptakteure bleiben durch beide Bücher hindurch die nicht magischen Charaktere.

    Die Beschränkung im Potteruniversum liegt in dem moralischen Verständnis keine unverzeihlichen Flüche zu benutzen.

    Die D&D-Einschränkung finde ich auch sehr wirsch. Ich habe bei solchen Magiern immer die Vorstellung einer akademischen Laufbahn und einem damit verbundenen Studium. Wer vergisst den sofort nach der Rechnung wie die binomischen Formeln lauten?

    Das für mich interessanteste Magieregelwerk ist „Mage the Ascension“. Da ist eigentlich alles möglich, solang es in irgendeiner Form glaubwürdig scheint. Du kannst theoretisch die Erde in eine Pizza Quattro Stagioni verwandeln, allerdings würde es niemand glauben und das daraus entstehende Paradox würde dich mittels kleiner Geister totschlagen. Der Tank eines Autos explodiert nach einem Unfall eher selten, aber wir alle kennen genügend Aktionfilme in denen genau das stattfindet, würde als Magie also eher funktionieren.

    Jetzt zur Frage, ich leite zur Zeit vor allem DSA, da komme ich in der Regel um Magie nicht herum. Mich reizt tatsächlich das Mysterium, selbst mit detailiertem Regelhintergrund bleibt etwas Unerklärliches und sämtliche nichtr magischen Spieler wissen in der Regel nicht, was da genau passiert.
    Und wenn ich selber spiele, finde ich Magier in allen ihren Facetten herausfordernd.
    Magie I lässt auf weitere Folgen schließen oder ist das nur ein Druckfehler?

    • Danke für den tollen ausführlichen Kommentar! 🙂

      Mir ist ganz wichtig zu sagen, dass ich mich nicht über den D&D-Ansatz erheben will, der ist auf jeden Fall spielerisch sinnvoll und funktioniert gut, ich habe da nur das beschriebene Immersionsproblem, aber das kann auch ein bisschen snobbig sein.

      Da kommt noch mehr zur Magie, aber ich kann noch nicht sagen, ob das in einem Rutsch durchzieht oder ob es sich ein bisschen verkleckert. Das wissen alleine die Podcast-Götter.

      Was spielst du denn konkret für Arten von zaubermächtigen Figuren?

      • Die letzte Figur hat wahrscheinlich jeder in der Schublade und ist nicht die originellste Idee, ein klassischer Spion. Ein Metamorphosemagier mit Sprüchen um Dinge schnell auswendig zu lernen, Tarnung und Verkleidung, magische Verhörmethoden, Analyse etc. Als Meister mag ich Figuren, die aus dem Verborgenen agieren und nicht brachial Einfluss nehmen und von den Spielern nicht sofort entdeckt werden. Das ist bei DSA tatsächlich schwierig, da kommt häufig ein Schlaumeier um die Ecke und rezitiert dir nach der gespielten Szene gleich den Dämon und das Paktgeschenk daher.

          • Der Wechsel fällt mir schwer. Daher ist meine Erfahrung eher begrenzt. Ich bin auf jeden Fall gespannt wie sich Sonderfähigkeiten und die weiteren Variationsmöglichkeiten der Zaubersprüche auf die Spielbarkeit auswirken. Ich glaube, es ist noch einfacher geworden einen einzigartigen Spielcharakter zu generieren. In DSA 4 standen ja auch schon die Modifikationen der Sprüche im Fokus.

          • DSA5 ist sehr ähnlich zu DSA4. Wer anderes behauptet, hat nie ein anderes System gespielt. 😉
            Die Unterschiede sind wirklich Details: Gildenmagier wurden geschwächt, man hat weniger Sprüche, es sind andere Sprüche Powergaming-Sprüche, es sind andere Modifikationen möglich, Zauberklassen wie Zaubertänzer sind endlich spielbar, private LehrmeisterInnen wurden gestärkt, usw. Aber letztendlich ist es immer noch sehr ähnlich zu DSA4 mit allen Vor- und Nachteilen. 🙂

            Ich habe in der DSA-Königsmacherkampagne eine Spionagemagierin gespielt, die sehr ähnlich klingt wie dein Konzept, Jan. Hat viel Spaß gemacht. 🙂

          • Man kann jetzt zwar keinen Kommentar mehr anhängen, aber ihr wisst, dass ihr gemeint seid (Jan, Faras): Hat euch die Königsmacher-Kampagne gefallen?

            Ich habe sie zwar nur gelesen, aber ich empfand sie als recht zäh und politisch viel zu komplex, wer keine Hardcore-DSA-Gruppe hat, für den schien sie mir kaum spielbar.

            Also nicht, dass sie schlecht ist, sie ist einfach nur ultra speziell in meinen Augen.

          • Also ich finde die Königsmacher mit Modifikationen wirklich grandios. Damit es Spaß macht und man einen Anreiz hat der über Söldner sein hinaus geht, sollten die Charaktere aus dem Horasiat stammen. Interessant ist auch die Verknüpfung mit machtvollen Parteien also z.B. Zugehörigkeit zu einer Kirche, öffentlichen oder geheimen Gruppierung, Magierakademie. Ein großes Manko ist das alberne Verwirrspiel um den wahren Auftraggeber Timor. In der Gruppe, in der ich die Kampagne leite, zeigt sich Timor sehr bald offen und bezieht die Charaktere in Teile seiner Vorhaben mit ein. Die Charakter begleiten Timor nach Horasia zu seiner Krönung und werden Zeuge des Seitenwechsels von Ralman. Ihr eigentlicher Auftrag ist es die Kinder Salkyas zu bewachen, aber als Timor in Gefahr ist, bringen sie ihn natürlich als erstes raus und können die Ermordung der Kinder nicht verhindern. Das schweist zusammen. Nur als Beispiel: Laut Autoren werden die Spieler nach Mengbilla geschickt und stolpern zufällig über die Liste mit den Verschwörern. Es macht mehr Spaß, wenn Timor dir 60.000 Dukaten in die Hand drückt und sagt: „Besorg mir die Namen.“ Einer der Charaktere ist ein Phex-Geweihter mit Hauptberuf Buchprüfer. Der weiß um Timors geheime Phexgeweihtenschaft und ist mittlerweile sein Akoluth. Meine Erfahrung zeigt mir, wenn man einige Abenteur drumrumstrickt, macht das ganze sehr viel Spaß. Meine Spieler haben auch die Mörderin von Timors Mutter dingfest gemacht und Timor an ihr Rache üben lassen. Alles ist besser als wie ein Dummi durch das Abenteuer zu stolpern, allerdings gibt es den Aha-Effekt am Ende nicht. Aber ich gebe dir Recht, wer keine Ahnung von DSA und speziell dem Horasiat hat, sollte von der Kampagne die Finger lassen. Und wir haben uns sehr viel Zeit gelassen. Wir sind jetzt soweit, dass ein Ende absehbar ist und neue Charaktere für eine neue Kampagne erdacht werden und meine Frau sagt mir gerasde, dass wir mit dem ersten Vorabenteuer zur Kampagne irgendwann in 2009 oder 2010 angefangen haben. Wir spielen alle zwei Wochen zwischen 2-4 Stunden.

          • Ich finde die Königsmacher-Kampagne super. Ich habe sie als Spieler erlebt und leite sie gerade.

            Sie ist halt deutlich profaner und weniger episch als andere Fantasy Kampagnen. Also nichts für Spieler, die die Welt retten wollen. Aber gerade das hat mir gefallen. Verbündete und Gegenspieler sind schön glaubwürdig und menschlich und die Figuren sind nach der Kampagne noch spielbar.

            Das die Kampagne sehr komplex wirkt, liegt daran, dass die Bücher auch als Spielhilfe fungieren, um vor dem Bürgerkrieg eigene Szenarien zu kreieren. Man kann aber auch die Abenteuer einfach so spielen ohne 1000 Namen samt Agenda auswendig zu lernen.

            Die Abenteuer und Szenarien sind tatsächlich genügend gut ausgearbeitet, dass man erstaunlich wenig Arbeit investieren muss. Und die Spieldauer ist angenehm begrenzt.

            Falls du die Kampagne jemals leiten willst, kannst Du Dich für mehr Tipps melden. 🙂

  2. Sich gerne mit Magie beschäftigen? In der Tendenz wohl eher nicht, aber da bin ich massiv von Pathfinder&Co. vorgeschädigt, wo Magie gleichbedeutend ist mit: Lerne mal zig neue Regeln zur Verwaltung Deiner Zauber, durchsuche riesige Mengen an Zauber und mache noch ganz viele andere Dinge, wegen denen Du nicht mehr so zum Magierdingetun kommst.

    Sehr ausgewogene Systeme, in denen ich auch sehr gerne Magier spielen würde, sind Dungeon World und Symbaroum, wo sich Magie zumindest regeltechnisch kaum von Nicht-Magie, Kampftalenten und ähnlichem unterscheidet.

    Akzeptabel finde ich auch Savage Worlds, wie üblich erweist sich das System als angenehmer Zwischenweg, und auch die Ausprägungen sind ziemlich cool, als sehr basaler Zauberwerkzeugkasten. Am vielversprechendsten finde ich bisher das Genesys-System in Richtung Baukasten für Zauber: Ähnlich wie Savage Worlds gibt es einige Grundzauber (Attack, Heal, usw.), die genau das machen, was sie sagen, aber es gibt auch jeweils eine umfangreiche, aber auch nur halbseitige Tabelle, um den Basiseffekt zu modifizieren und die Modifikatoren geben jeweils an, wie sich die Schwierigkeit ändert. Damit kann man den Schaden und Reichweite anpassen, unterschiedliche Elementareffekte ergänzen usw. Das wirkt auch recht gut machbar und es empfiehlt sich wahrscheinlich, die Einzelzauber dann in einem „Zauberbuch“ festzuhalten, um nicht immer von vorne anzufangen. Bin ich auch mal gespannt darauf.

    Beste Grüße
    Sal

    • Es ist wirklich so, dass sich Magie in vielen Spielsystemen insofern ähnelt, als sie mit „tu, was du willst“ beschrieben werden kann. Das kann man dann ultra-speziell (wie bei D&D) umsetzen oder ultra grobkörnig (wie bei Savage Worlds), und du hast vollkommen Recht, die zweite Variante macht das Leben unglaublich viel leichter bei vergleichbarem Effekt.

      Neuerdings gibts ja so „Zauberkartensets“, aus denen man sich ein „Deck“ zusammenstellt, das ist ja quasi eine Art personalisiertes Zauberbuch. Gefällt dir sowas oder ist das deiner Meinung nach nur ein zusätzlicher Nepp und Reparaturbetrieb an der Komplexität?

      • Ich kenne Zauberkartensets jetzt nur ala Dungeon and Dragons und da sind sie ja nur ein haptisches Handout, ohne die Regeln zu verändern. Das finde ich sehr nützlich, wenn man da mal schnell in den Karten schauen kann, wie der Zauber funktioniert, anstatt im Buch zu blättern oder alles abzuschreiben.

        Nützlich finde ich das auf jeden Fall, aber es repariert nichts, weil sich die Regeln ja nicht ändern. Auch die Kartendecks verlangen, dass Du Vor- und Nachteil des Magiesystems erst einmal schluckst und geben Dir dann ein praktisches Handout.

        Für Pathfinder habe ich mir zum Beispiel die Statuskarten gekauft, was ja so ähnilch ist. Dein Charakter wird „verstrickt“? Karte raussuchen und auf den Bogen liegen, schon weißt Du, was für Modifikatoren gelten. Das ist ähnlich: Es beschleunigt die Sache, wenn man nicht nachschlagen oder auswendiglernen muss, ändert aber nicht die Regeln.

        Ich hoffe, dass ich damit Deine Frage angemessen beantworten konnte.

        • Mehr als angemessen. 🙂

          Vielleicht sind die Karten auch schon irgendwie unzeitgemäß mittlerweile und es müsste halt stattdessen ne ordentliche App her (und wie ichWhizards of the Coast kenne, gibts das sicher auch und ich kenne es nur nicht).

          Ich bin meinerseits gar nicht so der App-Typ (neumodisches Teufelszeug!), aber vermutlich wäre es das Sinnvollste für die Verwaltung.

          • Am Spieltisch sind mir Karten und Würfel lieber als Apps und ich kenne auch viele Spieler, die Würfelapps doof finden, usw. Ich glaube, das hält sich noch eine Weile als zeitgemäß.^^

          • Ich mag die Karten um sich ein eigenes Zauberbuch zusammenzustellen oder sich einfach Cheat Sheets zu erstellen. Letztendlich kann man das natürlich auch selbst. Aber man spart Zeit wenn man das Zeug kauft.

  3. Beschäftigst du dich gerne mit Magie im Rollenspiel?
    Tatsächlich habe ich selten Magier gespielt. Mein erster Impuls bei einem neuen System ist es einen Kämpfer oder Dieb zu spielen, da kann es gleich losgehen. Magier sind am Anfang meist schwach und somit ein Langzeitprojekt für die Spielrunde. Etwas schicksalhaft ist, dass sich die Runden, in denen ich Zauberkundige spiele, oft auflösen oder der Magier gefressen wird.
    Es ist ein weiterer Regelkomplex, der gelernt werden muss. Das möcht eih am Anfang immer gerne ausblenden.

    Was gefällt dir besonders gut daran?
    Die Magie ist insofern spannend, dass sie Dinge ermöglich, die so nicht möglich sind.
    Die Technik ist je nach Setting ein relevanter Konkurrent zur Magier. Bei Shadowrun oder ähnlichen Systemen kann Cyberware viele Magiersprüche ersetzen.

    Schöne Regelsysteme finde ich solche, in denen die Kosten unterschiedlich sind. Shadowrun hat mit seinem Entzug oder Gurps mit dem Verbrauch je nach Talentwert. Solche Sachen gefallen mir.
    Bei Warhammer Fantasy gab es eine Tabelle bei Magieeinsatz, die die chaotische Magie repräsentiert mit Schaden für den Zauberer, doppelter Wirkung über Anlockung fremder Wesen.

  4. Mal so, mal so. Ich habe bei D&D 3.5 mal einen Halbling Magier namens Brutzler gespielt. Dieser war eigentlich Koch und nebenbei Magier. War lustig, lief aber nicht so lange wie ich es mir gewünscht hätte.

    Ansonsten verstehe ich die Ablehnung gegen das D&D Magiesystem nicht. Ich persönlich finde es eigentlich ganz logisch, dies wurde auch in den Dragonlance Romanen ganz gut erklärt (zumindest in meiner Erinnerung).
    Der Magier vergisst nicht die Zauber, diese kennt er natürlich weiterhin. Doch die Zauber haben eine Art magische Komponente, welche immer wieder aufgeladen werden muss. Diese Komponente wird beim Wirken aufgebraucht und muss dann erneut aufgeladen werden.

    Magie nutze ich gerne für Gegner in meiner Gruppe (13th Age) und da funktioniert es ganz gut. Besonders wenn die Magier auch die nonlethalen Möglichkeiten der Magie ausnutzen (Ausspähen u.ä.) wird es interessant.

  5. Hallo Leute,

    das war mal wieder eine großartige Folge. Und ich kann auch nicht fassen, dass erst in Folge 90 die Magie besprochen wurde. Ts, ts, ts… 😉

    Ich beschäftige mich _im Spiel_ tatsächlich eher wenig mit Magie (schrieb er zwei Tage, nachdem er Harry Potter leitete). Magie macht zwar oft Geschichten erst möglich, aber mit ihrer Natur und Eigenschaften befassen sich meine Abenteuer eher selten.
    Dafür finde ich es für meine Hintergedanken als SL sehr wichtig, mir gut zu überlegen, wie Magie eigentlich abläuft und wie man sie konsistent halten kann.

    Ich danke für das Erwähnen meines Vortrags zu clarke’scher Magie (https://youtu.be/na7PVD2caQ0).
    Darin erkläre ich auch, wie ich Magie definieren würde: als ein direktes Umsetzen von Wollen in Werden. Ein Magier braucht eben kein Feuerzeug, um Feuer zu machen, sondern nur den Willen und die Macht.
    Es scheint daher auch eine Universalie magischer Welten zu sein, dass in ihnen ontologisch komplizierte Objekte existieren. Damit hier niemand das Wörterbuch heraussuchen muss: Ontologie befasst sich mit jenem, was im höchsten Maße seiend ist.
    Wir gehen in unserer Welt für gewöhnlich davon aus, dass im höchsten Maße seiend Elementarteilchen sind, aus denen Interaktion alles Höhere erwächst. Wogegen magische Welten komplizierte Dinge als Fundamentalbestandteile enthalten.
    In unserer Welt ist Leben eine emergente Eigenschaft wässriger Kohlenstoffchemie. In magischen Welten gibt es eine Lebenskraft. In unserer Welt ist Feuer eine Folge der Interaktion von Teilchen in einem Plasmamedium. In magischen Welten ist es oft ein eigenes Element. In unserer Welt werden Gedanken von Neuronen erzeugt. In magischen Welten gibt es Geiststoff, mit dem man direkt wechselwirken kann, weshalb es z. B. Telepathie gibt.
    Nach dieser Definition ist natürlich auch Star Wars magisch (Midi-Chlorianer oder nicht, spielt dafür keine Rolle).

    Ich sehe diese Verknüpfung zwischen Wollen und Werden auch als einen der Gründe, warum Magie so einen großen Reiz hat: Sie macht das Universum ein Stück weit zu einer Wünscherfüllungsfabrik.
    Außerdem ist sie einfach zu leiten. Es ist einfach sehr hilfreich für den SL, wenn er ad hoc Fakten festlegen kann. „Warum ist das so?“ – „Magie!“

    Die seltsamen Nebeneffekte und Kombinationen, die Magie ermöglichen kann, sollte man nicht unterschätzen.
    Man denke allein daran, dass sie oft den Raum verzerren kann (z. B. Bag of Holding). Da fällt einem doch sofort der Warp-Antrieb ein, oder?
    Oft sind es aber auch die logischen Nebeneffekte, die man wegerklären muss. Ein Unsichtbarkeitszauber sollte einen eigentlich blind machen, weil das Licht nicht mehr mit der Retina interagiert. Ein Stärkezauber muss irgendwie auch die Massenträgheit erhöhen. Sonst sollte sich ein übermenschlich starker Gnom vor allem sich selbst durch die Gegend bewegen. Usw. Deshalb muss es das geben, was TV Tropes als Required Secondary Powers bezeichnet, die diese Magie überhaupt erst so funktionieren lassen, wie wir es intuitiv erwarten.
    Aber so ein Angus MacMagier, der mit simplen Zaubersprüchen und einer Büroklammer jedes Problem lösen kann, ist schon ziemlich großartig. Solche SCs sehe ich viel zu selten.

    • Mit Logik an Magie heranzugehen, landet mir zu schnell in Unlogik. 🙂 In Sci-Fiction-Systemen wird es häufig versucht. Telekinese funktioniert dann mit dunkler Energie, Telepathie erfordert ein empfindliches elektromagnetisches Empfängerorgan oder eine Schwebezauber einen Entropiebrecher. Brr. Das gefällt mir gar nicht.
      Vielleicht bin ich zu sehr Naturwissenschaftlerin. 🙂

      Ich bleibe lieber bei dem
      Warum ist das so?“ – „Magie!“

      • „Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic.“ (Arthur C. Clarke)

        Das wäre die technisch-naturwissenschaftliche Betrachtungsweise par-excellence.

        Ich würde ja eher die Frage stellen: „Nun sag‘, wie hast du’s mit der Magie.“ Denn der Unterschied erschließt sich mir kaum. Es bleibt gerade die Handlungsmacht um die Magie von der Religion zu unterscheiden.

        Magie ist für mich also etwas, das nicht in seine Einzelteile zerlegt werden kann aber trotzdem deutlich spürbare Effekte durch aktive Handlung des Magiebegabten hervorruft. Ein bisschen wie Sprache (nach heutigem Stand der Forschung), denn genau weiß keiner warum es sie gibt und was sie im innersten zusammenhält. Aber ihre Macht reicht um große Umstürze in dieser Welt zu erreichen. Niemand muss sie komplett verstehen um sie anzuwenden.

        • Zweimal den ollen Faust untergehoben – ein echter Premium-Kommentar. 😀

          Ich finde immer, der Clarke bringt einen mit seinem Spruch nicht weiter. Letztlich erklärt er ja nicht die Magie, sondern weist nur auf die Tatsache hin, dass wir halt gewisse Dinge nicht verstehen.

          Im Übrigen verstehe ich auch unendlich viele Low-Tech Sachen nicht, was die Aussage vom Clarke in meinen Augen noch unnützer macht.

          In der Folge haben wir uns ja ein bisschen daran abgearbeitet, ob „Unverständnis Magie produziert“. Ein sehr schwieriges Feld, ich würde wohl sagen: Nein.

          • Das Problem entsteht meiner Meinung nach schon im Begriff Magie selbst. Denn letztenendes ist es ein Konzept ohne Wirklichkeit. Und literarische bzw. fantastische Konzepte sind eben eine wandelnde Zielscheibe deren Analyse immer erst einmal eine massive Einschränkung auf wenige Einzelinstanzen bedarf.

  6. Tja. Magie.
    Also zunächst mal bin ich eher nicht die Adresse für traditionelle Fantasy. Allzu stark interessiert mich das inzwischen nicht mehr. Und deshalb mache ich mir auch keine großen Gedanken mehr um irgendwelche Magiesysteme…
    Dennoch ist das Thema für mich noch nicht ganz verloren, den ich erkenne Abstufungen:
    Am allerlangweiligsten finde ich Spruchlisten-Systeme. So etwas will ich nicht mehr spielen.
    Ich finde aber ganz interessant, wie in freieren Systemen mit dem Thema umgegangen wird.
    Magie kann da ja aufgrund der mangelnden Anbindung an unsere Realität ein erstklassiges, unvorhersehbares Chaos verursachen und ich finde es spannend, sich anzuschauen, mit welchen Mitteln das zu verhindern versucht wird.
    Beispielsweise bei Ars Magica (wo die Magie die Kraft ist, die stets an den Gittern der Plausabilität rüttelt und erhebliche Domestizierungsanstrengungen unternommen werden, um zu verhindern, dass der Käfig zerbricht)…
    oder bei einigen Magiesystemen für Fate (die mir aber oft aus Balancegründen ein wenig „entzaubert“ vorkamen)…
    am spannendsten aber in freien Erzählspielen, wenn Magie nur aufgrund gemeinsamer Vorstellungen eines Settings funktioniert. Die fantastische Wirkung tritt ein, weil wir Spieler wissen, dass das im Setting möglich ist, nicht weil es eine Regel dafür gibt.
    Ich habe das noch nicht oft ausprobiert und bei den zwei oder drei Versuchen habe ich jedes Mal gedacht, die gemeinsame Vorstellung eines Settings könnte noch konkreter, detaillierter o. ä. sein, dann würde es noch besser funktionieren.
    Ich seh´s als work in progress, warte auf passende Gelegenheiten… und spiele bis dahin jedenfalls gern auch in Settings ohne Magie.

  7. Ich mag Magie. In Fantasy Systemen sowieso und auch in anderen Genres. In Hard-Sci-Fi hatte ich früher eher Probleme (z.B. Telepathie in Star Trek), habe mich aber mittlerweile daran gewöhnt.

    Bei den Systemen bin ich sehr wischiwaschi, weil ich mit den verschiedenen Herangehensweisen gut zurechtkomme. Ich mag Magie als erweiterte deterministische Werkzeugbox genauso wie Magie als mystischen, quasireligiösen Unterbau. Ich kann mit einem limitierten Manakraftpool genauso umgehen wie mit einem Mehr-Einsatz-mehr-Risiko-System. Ich mag pseudowissensschaftliche Hermetikerdiskussionen genauso wie religiöse Beschwichtigungen von Dschinne.

    Allein zu viel Freiheit mag ich nicht. Wenn es immer Verhandlungssache ist, welche Effekte auftreten, fühle ich mich weder als Spielleiter noch als Spieler wohl.

    Das mir ein Magier den Plot gesprengt hat, ist mir lange nicht mehr passiert. Meist weiß man ja ungefähr, was möglich ist und kann sich auf „Gedankenlesen“, „Untote befragen“ oder „Fliegen“ vorbereiten. Die Zauber lösen dann bei mir nie das komplette Abenteuer, aber es darf schon deutlich Vorteile, Hinweise oder Ressourcen generieren.

    Klar hat man manchmal Balancing-Probleme oder Spotlight-Raub, aber dennoch habe ich Magie immer als Bereicherung gesehen.

    Von meinen langgespielten Figuren sind über ein Drittel magiebegabt gewesen, und dann gibt es nochmal so viele Priester, die ja oft von der Spielauswirkung ähnlich sind.

    So spiele ich schon seit 10 Jahren regelmäßig eine SR4 (erst SR2)-Magierin, die sehr akademisch und analytisch an Magie herangeht und regelmäßig wissenschaftliche Veröffentlichungen schreibt.
    Dann liebe ich meinen DSA4-Artefaktmagier: liebenswert, kurzsichtig, kurzatmig und gutgläubig. Eine Mischung aus Vir Cotto und Zummi aus der Gummibärenbande.
    Oh, und dann meine DSA4-Katzenhexe: verspielt, arrogant und in unserer Heist-Gruppe dank Verwandlung in eine weiße Langhaarkatze sehr nützlich.

    Ich hör mal auf, denn schließlich interessiert sich niemand für fremde Charaktere. ^^‘ Aber ich habe eine menge schöne Konzepte erlebt, die durch Magie möglich waren und das Spiel sehr bereichert hatten.

  8. Ich habe in Tiara z.B. Magie als „Rohstoff“ eingebracht. Also eine weitere Energie, die genutzt werden kann. Im Spiel kann dann auch der Soldat oder Ritter Magie nutzen. Höhe Magier sind halt Berufsgruppen, die anders denken und was können.
    Ich finde Magie greifbar zu haben hilft zu verstehen wie man es nutze, macht es aber nicht weniger genial. Die Faszination eine Energie bändigen zu können um die normale physische Welt zu verändern. Das ist Magie.

  9. Mich fasziniert an der Magie die Tatsache, das sie lernbar ist.
    Energie spüren und loslegen. Den Funken finden der was entzündet.
    Sei es bei Star Wars einen Jedi Spielen, der einfach nur ein anderer Psi ist oder durch eine Symbiose mit einem anderen Wesen Macht bekommt. Magie in Gegenstände zu bannen, damit sie jeder nutzen kann, auch wenn es nur einmal ist, weil dann der Gegenstand sich entleert etc. Ich persönlich finde Quanten, Neuronen und Atome genau so faszinierend um die Welt zu verändern, wie die bloße Verbindung von Lebewesen zu Energie um ins herum, die ich als Magier dann nutzen kann im die Welt zu verändern.

    Meinen Spielern ist Magie oft zu viel oder zu anstrengend sie ganz verstehen zu wollen. Aber Magie spezifisch für sich arbeiten zu lassen wiederum nicht. „Du kannst doch transformationsmagie. Verändere Mal die Wand und mach ein Loch rein.“ Ich muss nicht wissen wie die Welt funktioniert um mich ins Auto zu setzen und loszufahren oder den Fernseher einzuschalten.

  10. Für mich ist wichtig, dass die Effekte der Zaubersprüche/Mächte/Kräfte/… relativ eindeutig beschrieben sind. Das ist notwendig, damit die Spieler diese kreativ einsetzen können. Ganz wichtig ist mir dabei, dass diese kreativen Ideen dann nicht mit einem „Geht nicht“ des SL abgewürgt werden. Ich habe jetzt zweimal Dungeon World gespielt und finde es einfach großartig, dass die Spielercharaktere tatsächlich die Hauptpersonen sind und nicht die Spielwelt (wie bei DSA, bei dem die Charaktere den NSCs zuschauen, wie diese den Metaplot vorantreiben – glaubt irgendjemand, dass die ersten DSA-Spieler so gespielt haben? Ich gehe davon aus, dass ganz Aventurien aus Abenteuern, spontanen Ideen und Charakteren der ersten DSA-Spieler entstanden ist).
    Wenn den SCs der Wurf gelingt, dann verzaubern Sie halt eben wirklich den König und zwingen ihn, seine Armee nach Norden zu schicken. Das Prinzip des SL „Denke gefährlich“ besagt, dass nichts – also wirklich NICHTS – sakrosankt oder unzerstörbar ist (denkt mal an „Game of Thrones“). Bei einem Fehlwurf der SCs kann man dann per SL-Spielzug wunderbar die Story vorantreiben. Da sich aber die Story aus den Handlungen der SCs ergibt, kann dadurch kein „Plot“ zerschossen werden. Wir spielen „um herauszufinden, was passiert“. Lese-Empfehlung: Awesome up your players (http://jrients.blogspot.de/2006/09/how-to-awesome-up-your-players.html).
    Ich würde mir eine Folge über pbtA im Allgemeinen bzw. Dungeon World im Speziellen wünschen, vielleicht, nachdem ihr das Kaufabenteuer „Diener der Aschekönigin“ gespielt habt. Das ist komplett anders als andere Kaufabenteuer und seit ich das Abenteuer geleitet habe, will ich überhaupt gar keine andere Form mehr haben.

  11. Als alter D&Dler steh ich auf den ganz eigenen D&D-Kanon, magische Gegenstände, Zauberbücher und Vancianische Magie – da fühl ich mich zuhause. Ist halt ins Blut gegangen. Völlig egal welches System oder welcher Klon jetzt genau…

    Und ja, Magie muß sein, und ich beschäftige mich viel damit *Hust*Januar 2017*Hust*… 😉

  12. Ich finds cool, dass es so verschiedene Arten von Magie gibt.
    Also die „physikalische“ Magie der „klassischen Zauberer“ vs die „Natur-Magie“ der Elfen vs Elementarmagie (so Typ Avatar). (Bzw. Wort-, Musik-, oder Bildermagie (in unserer Welt))

    Das Problem: Magie ist so unkontrollierbar (ich hab mich einmal verwürfelt, mein Zauber ist schief gelaufen und ich hab dadurch meinen 3-jahre alten Chara verloren! D_: ).
    Und das ist auch bei Gegnern so blöd. Da triffst du nen Magier und hast keine Ahnung, was der wohl kann. Vielleicht kann er dich mit nem Schnippsen auslöschen :/ oder er kann gerade mal Lumos und Nox.

    Ich spiele ungern magisch begabte Personen/Wesen, weil mir die Regeln zu kompliziert sind. (Und wegen der Unkontrollierbarkeit)

    P.S.
    Ich würde sagen: Magie ist das, was (noch) nicht physikalisch erklärbar ist.

  13. Vor ewigen Zeiten (also etwa in den 90ern) gab es ein kleines, deutsches Rollenspiel mit den originellen Namen „Saga“, in dem es ein sehr freies Magiesystem gab. Im Prinzip konnte man zaubern, was immer man wollte, allerdings hat der Spielleiter einen entsprechenden Schwierigkeitsgrad für das Gelingen festgelegt. Und je mächtiger der Zauber war, den man versuchte, und je deutlicher man die Probe vergeigt hat, desto katastrophaler waren die Konsequenzen, insbesondere für den Zaubernden. Damit gab es eine Art „weiche“ Beschränkung der Macht und ein bisschen Pokern…

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